Burghausen OFC

Wacker Burghausen - OFC 5:0


Vorwort: Entgegen der sonstigen Gewohnheit ist der heutige Spielbericht überwiegend in der Ich-Form geschrieben, da einige Punkte sehr persönliche Stellungnahmen darstellen.

Mit welchem Gefühl reiste man nach Burghausen? Antwort: Mit dem in dieser Saison bereits gewohnten, nämlich, daß, wenn die Kickers gewinnen wollten, das Spiel nur 1:0 ausgehen kann, siehe Stuttgart und Aalen. Mehr Tore kann man einfach nicht erwarten... Aufgrund der weiten Entfernung fühlte man sich an das Spiel in Cottbus erinnnert (jeweils der entlegenste Spielort); daß allerdings auch das Ergebnis mit 0:5 dasselbe sein würde, konnte man nun wirklich nicht erwarten.

Zum Spiel gibt es nicht viel zu sagen: Dietmar Roth spielte Libero, der einzige Angreifer war Marcio (wie beim 0:0 in Jena), und Dama lief komischerweise mit der Rückennummer 8 (Ex-Graf) auf. Am treffendsten kann der Spielverlauf durch eine Frage beschrieben werden: Zu welchem Zeitpunkt hatte sich die Mannschaft aufgegeben? Nach dem 0:2 kurz vor der Pause? Nach dem 0:3 kurz nach Wiederanpfiff? Nach dem 0:4? Nee, falsch: Nach dem 0:1. Da dieses bereits nach wenigen Minuten fiel, kann man sich vorstellen(?), wie die restlichen 85 Minuten aussahen. Wobei noch zu ergänzen wäre, daß Burghausen genau so schlecht spielte wie die Kickers: Dies macht die 0:5-Niederlage nur noch schlimmer.

Nach dem Spiel gegen Elversberg konnte man noch diagnostizieren, daß alle Spieler wenigstens ab und zu mal zeigen, was sie können, und daß die damalige Niederlage dadurch zu erklären sei, daß sie dies nicht gleichzeitig tun. In Burghausen aber konnte man nix anderes erkennen als eine "kollektive Verweigerung, Verantwortung zu übernehmen" (Zitat Kickers-Fan).

Soweit das Geschehen auf'm Spielfeld. Daneben gibt es jedoch auch noch andere Aspekte (und das ist nun der Abschnitt, in dem die eingangs erwähnte Ich-Form Verwendung findet). Nach dem unglücklichen 0:1 in der vierten Minute begannen unter den etwa 120-150 mitgereisten Kickers-Fans (sportbild.de: 200) einige, die Mannschaft anzufeuern. Bei insgesamt vier Trommeln ergab sich so relativ schnell eine sich selbst tragende Stimmung, welche noch durch ein sehr niedriges Tribünendach (remember Ditzingen) akustisch verstärkt wurde. Jedoch waren einige aus dem Kreis unseres geehrten Vorsitzenden der Fan-Abteilung nicht so recht damit einverstanden: Es gab die üblichen bösen Blicke und Vorwürfe, man dürfe die Mannschaft doch nicht noch feiern. Das in die sich ergebenden Diskussionen eingebrachte Argument, daß ein Unterschied bestehe zwischen "Feiern" und "Anfeuern", wurde nicht akzeptiert.

Dies geschah, und dies muß betont werden, bereits nach wenigen Spielminuten. Ich habe ja mittlerweile volles Verständnis dafür, daß nicht immer alles gesungen werden soll. Wenn sich allerdings wie in Burghausen ein "Lalala - Kickers" von selbst ergibt (nicht weil eine Trommel dies vorgibt, sondern weil etliche Leute dies singen) und diese Anfeuerung ohne Zwang sich selbst trägt, dann sehe ich darin keine verurteilungswürdige Aktion. Sicher, eine demokratische Mehrheitsentscheidung ist das nicht, da die, die Stimmung machen, stets die übertreffen, die das Schweigen bevorzugen. Trotzdem sollte gerade dann, wenn eine größere Gruppe meint, man könne nach wenigen Spielminuten durch Anfeuerung noch etwas erreichen, eine gewisse Toleranz gezeigt werden. Zu der Alternative der "Kickers, Kickers"-Rufe muß leider festgestellt werden, daß auch die, die diese immer fordern, kaum einen Beitrag hierzu leisten. Das einzige, was denen einfällt, sind ihre faschistoiden "Blut und Ehre, Kickers Amateure"-Sprüche. Wenn sie wenigstens dort auch regelmäßig hingingen...

So wurde aus deren Sicht recht erfolgreich die Stimmung eingestampft, und sie konnten sich nach dem 0:2 kurz vor Ende der ersten Hälfte in ihrem Weltbild bestätigt sehen. Die Pause bot Gelegenheit zu weiteren Diskussionen: Allerdings wurde die Rechtfertigung dafür, Stimmung gemacht zu haben ("Ich hatte eben nach dem 0:1 die Hoffnung, etwas bewegen zu können"), zurückgewiesen, und man wurde abermals von unserem geehrten Vorsitzenden der Fan-Abteilung angebrüllt, wie man denn "nach dem Darmstadt-Spiel noch Hoffnung" haben könne. Ja, mein Gott, der und seine Fanclub-Kumpels sollen endlich einsehen, daß es auch andere Sicht- und Verhaltensweisen gibt als die, morgens um halb sieben in den Bus nach Burghausen einzusteigen, auf der Fahrt dorthin sich zu besaufen und dann so Sprüche bezüglich der Oberliga loszulassen wie den, man könne dann wenigstens wieder alles kurz und klein schlagen. Wozu bin ich eigentlich Mitglied in dieser Fanabteilung geworden? Daß auf der letzten öffentlichen Versammlung (zu der man, wenn man Glück hatte, auch eingeladen wurde) nix dagegen unternommen wurde, wenn teilweise mit ausgestrecktem rechtem Arm abgestimmt wurde, liegt mir heute noch schwer im Magen.

Bezüglich der Frage, wie die Mannschaft von den Fans behandelt werden müsse, formulierte es ein Kickers-Fan nach dem Spiel so: "Die Zeit der Arschtritte ist vorbei." Unabhängig davon, daß ich andere Meinungen hierzu akzeptiere, stimme ich dieser Aussage zu. Meiner Meinung nach kann es sich die Anhängerschaft kaum noch leisten, die nun auf dem letzten Tabellenplatz stehende Mannschaft weiter zu demontieren, wenn das Ziel, den Abstieg in die Oberliga zu verhindern, noch erreicht werden soll. Oder wollen gar einige dieses Ziel nicht erreichen? Damit sie endlich diese "Mode-Fans" los sind, damit sie endich wieder unter sich sind wie in den Zeiten, derer sie sich so furchtbar rühmen, damit sie endlich wieder Randale machen können?

Gerade die Vergangenheit der Kickers, egal ob die länger zurückliegende oder das Waldhof-Spiel, sind immer noch in der Öffenlichkeit präsent. Als ich mich am Morgen vor dem Spiel einer Reisegruppe bei der Burgführung anschloß und man mich aufgrund des Schals als Kickers-Fan identifizierte, wurde ich gefragt: "Seid's heuer wieder do, um Krowoll zu mochen?" Dadurch, daß ich im Laufe der Besichtigung mit Leuten ins Gespräch kam und ich auf diese (so behaupte ich) nicht den Eindruck eines besoffenen, herumgrölenden und randalierenden Fans machte, hatte die Reise auf jeden Fall einen Sinn: und sei es nur der, zu zeigen, daß es auch vernünftige Fußballfans gibt...

Photos: Stadion Liebigstraße




Eine kleine Anekdote will ich noch loswerden:

Am Tag vor dem Spiel besuchte ich Linz, und da im Theater nix gespielt wurde, was mich interessiert hätte, entschied ich mich, abends das Spiel der ersten Liga zwischen dem Linzer ASK und dem SV Austria Salzburg (1:1) zu besuchen. Als ich in der Pause mit Kickers-Schal am Bierstand stand und meine letzten Schillinge zusammensuchte (die Währungsreserven waren fast gänzlich aufgebraucht), hörte ich, wie eine Stimme neben mir auf Österreichisch sagte: "Aa Frankforder". Entsetzt wollte ich schon reflexartig mit "Nee, Offenbacher" antworten, als ich noch rechtzeitig bemerkte, daß dies gar nicht mir galt - der gute Mann wollte nur ein Paar Wiener Würste bestellen; und die heißen hier nun mal ebenso wie unser Nachbar von der anderen Mainseite...

Photos: Stadion Auf der Gugl


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