SV Wehen - OFC 1:2
Gemäß der eigenen Vorgabe "vier Punkte aus jeweils zwei Spielen" konnte man sich nach dem Unentschieden gegen den VfR Aalen eine ganze Woche lang mit dem Gedanken vertraut machen, daß nur ein Sieg der Kickers auf dem Wehener Halberg für letztendliche Zufriedenheit sorgen würde.
Da das Spiel vom ursprünglich geplanten Samstag um einen Tag verschoben wurde und man daher keine Möglichkeit hatte, sich an diesem Wochenende die Zweite anzuschauen, beschloß man, als Ausgleich hierfür früh morgens zum Spitzenspiel der A-Jugend gegen den SV Darmstadt zu gehen, um dort bereits richtig auf diesen so wichtigen Tag eingestimmt zu werden. Aber oh weh, was mußte man erleben? Eine deftige 4:7-Niederlage (etwa die Hälfte der Gegentore waren Torwartfehler), die einem erst einmal aufs Gemüt schlug. Nicht immer gegen die Heiner verlieren...
Zum Glück hatte man nach diesem mißglückten Tagesanfang noch zwei Stunden Zeit, bevor es dann in Richtung Wehen ging. Kaum von der Autobahn ab- und auf die Landstraße nach Wehen draufgefahren, kam man durch eine Ortschaft, in der an einem Haus deutlich und für jeden sichtbar eine große OFC-Fahne hing. In dieser Gegend etwa Kickers-Fans? Ja, tatsächlich, wenn das mal kein gutes Zeichen ist!
So kam man früh, sehr früh auf dem Halberg an, konnte auf der weiten grünen Wiese parken und daran zurückdenken, wie man vor knapp zwei Jahren nach dem Spiel (1:2 verloren) eben auf dieser Wiese saß und sinnentleert in die weite Landschaft schaute. Im Gegensatz zu damals, als man noch um den Aufstieg in die Zweite Liga zitterte, sieht die Realität anno 2001 ja bekanntermaßen etwas anders aus... Endlich im Stadion angekommen, war man zunächst einmal erstaunt, wieviele Kickersnasen schon da waren. Dabei war man doch so früh losgefahren! Dies war auch notwendig: Von der Stehtribüne aus hatte man eine wunderbare Aussicht auf die immer länger werdende Menschenschlange vor den beiden Kassenhäuschen des Gästeblocks, und man fragte sich immer mehr: Wie wollen die alle hier rein, und vor allem wann? Und warum geht das nicht schneller?
Denen, die bereits das Warten hinter sich hatten, wurde es keineswegs langweilig. Als Vorspiel gab es die Partie der D-Jugendmannschaften von Kickers und Wehen. Und da man irgendwann genug hatte vom Warten auf die, die draußen warteten, tat man das, was man als Fan so tut: Anfeuern. Es waren zwar "nur" die kleinen Knirpse, die da spielten, aber was soll's? Zumal die Kickers mit 4:2 gewannen. Bleibt nur noch die Frage, was denn ein 12jähriger so denkt, wenn Hunderte erwachsener Menschen sich die Seele aus dem Leib brüllen, bloß weil er und seine zehn Mannschaftskameraden Fußball spielen. Vielleicht denkt er in dem Moment, daß er mal eines Tages bei diesem Verein Profi werden will? Hauptsache, er vergißt so ein Erlebnis nicht und wechselt auch nie auf die andere Mainseite.
Es kam, was kommen mußte, nämlich die erwartete Verschiebung des Anstoßes um eine Viertelstunde. Doch kaum war das Spiel angepfiffen, da rappelte es bereits im Tor des OFC, 0:1, erste Spielminute. Wie gegen Aalen, nur mit dem Unterschied, daß es diesmal noch schneller ging. Doch im Gegensatz zur Vorwoche benötigte man heute keine ganze Halbzeit und keine Auswechslung mehr, um sich zu fangen. Bereits nach einer halben Stunde erzielte Ertl den so wichtigen Ausgleich. Mit diesem Ergebnis ging es auch in die Pause, natürlich wissend, daß da noch mindest ein Tor fallen muß, um auf Seiten des OFC zufrieden sein zu können.
In der Pause ging man gewohnten Tätigkeiten nach: Etwas zum Trinken holen und auf die Toilette gehen. Während das erste erstaunlicherweise besser funktionierte als bei manchen Kickers-Heimspielen, war die WC-Situation eine einzige Katastrophe. In früheren Jahren konnte man (sofern das Geschlecht dies zuläßt) noch in den Wald pinkeln, doch diesmal hatte man auf Wehener Seite wohl zuviel Angst vor einer überhöhten Nitratbelastung der Umwelt und sperrte einfach den Weg zum Wald mit einem Gitter ab; stattdessen gab's drei Miettoiletten - für etwa 3000 OFC-Fans (OP: 4000)! Da es in diesem unserem Lande für alles eine Regelung, Vorschrift oder Richtlinie gibt, ist zu vermuten, daß eine auch eine solche für sanitäre Anlagen bei Großveranstaltungen gibt. Und ob da ein Verhältnis von 1:1000 noch regelkonform ist, muß eher bezweifelt werden...
Aber egal, ein Sieg wäre allemal wichtiger, so wie bei der Zweiten, deren 1:0-Heimsieg über den Tabellenzweiten SG Einhausen noch rechtzeitig vor Wiederanpfiff zu erfahren war. Es begann die zweite Hälfte, Wehen schien ein Punkt zu genügen, und die Kickers wußten nicht so recht, wie sie das noch fehlende Tor erzielen sollten. So dauerte es eine halbe Stunde, bis Würll sich daran erinnerte, daß er in fast jedem Spiel nach der Winterpause ein Tor schoß. Gesagt, getan, 2:1, noch 'ne Viertelstunde zu spielen. Abgesehen von den ewig langen drei Minuten Nachspielzeit, ging auch diese Phase ohne größere Sorgen im Kickersanhang vorbei, selbst das für einige Minuten eingewechselte "brasilianische Laufwunder" Marcio machte keinen einzigen Fehler, und als schließlich der Schiedsrichter die Partie abpfiff, sah man Ramon Berndroth, der sich freute, wie man es schon lange nicht mehr bei einem Trainer gesehen hat. Wie wurde Kickers-Ehrenpräsident Waldemar Klein am nächsten Tag zitiert? "Dieser Mann ist ein Glücksgriff für unseren Verein. Schade nur, daß man ihn nicht früher geholt hat." Dem ist nichts mehr hinzuzufügen...
Wenn nun noch am nächsten Wochenende im Heimspiel gegen CZ Jena die verheerende Osterserie (Niederlagen gegen Mörlenbach, Jügesheim, Darmstadt und Stuttgarter Kickers) ein Ende finden würde, dann wäre endlich ein großer Schritt in Richtung Klassenerhalt getan. Es bleibt spannend.
|