OFC II - Germania Ober-Roden 1:1
Der Tag danach - the day after:
Wie verarbeitet man so ein Spiel wie das gestrige gegen den SV Darmstadt? Unfähig, nach dem Spiel eine Meinung zu formulieren, schwirrten einem Gedanken durch den Kopf wie "Das Schlimmste haben wir ja jetzt hinter uns" (es sei denn, wir würden am drittletzten Spieltag in Darmstadt absteigen), "Wer jetzt nach Burghausen fährt, muß bekloppt sein" oder einfach nur "Ich steh' heute nicht auf, ich bleib' den ganzen Tag im Bett liegen".
Zumindest mal das Letztere ließ sich widerlegen, und so rappelte man sich auf, um 21 Stunden später wieder gen Bieberer Berg aufzubrechen und die Zweite Mannschaft in ihrem Derby gegen Germania Ober-Roden zu unterstützen. Schließlich wollte man der novemberlichen Gefahr, in tiefe Depressionen zu verfallen, aus dem Weg gehen und wenigstens mit anderen die Fassungs-, Wort- und Trostlosigkeit der aktuellen Situation teilen.
Aber, oh weh! Statt Aufhellung des Gemüts wurde man noch mehr runtergerissen: Wie bereits von der OP am Samstag angekündigt, hatte die Zweite Mannschaft keinen vollständigen Satz Trikots mehr - und mußte daher in Fan-T-Shirts von Borussia Dortmund auflaufen. Mit selbst draufgeschriebenen "Rücken"-Nummern! Nicht genug damit, daß sie textmarkergelb waren und daß auf ihnen Dortmund statt Offenbach stand; sondern auch, daß es nicht mal Trikots, sondern T-Shirts zu Ehren der Meisterschaft anno 95/96 waren - mit dem so tiefsinnigen, kleingedruckten Spruch "Geile Saison, Jungs". Wie tief muß ein Verein gesunken sein, dessen Präsidium eine solche Demütigung seiner Mannschaft und der sie unterstützenden Fans geschehen läßt?
Wie tief?
Zum Glück war nicht jeder in tiefer Untätigkeit erstarrt: So gingen OFC-Fans wie bei der sonntäglichen Frühmesse mit dem Klingelbeutel um und sammelten Geld für eine Kickers-würdige Spielkleidung. Auf diese Art und Weise kamen über 500 Mark zusammen; geteilt durch die übliche Anzahl von Zuschauern bei der Zweiten Mannschaft ergibt sich ein Beitrag pro Person, der deutlich über dem bloßen Loswerden von Pfennigmünzen liegt. Es war vielmehr die reine Wut, die die Leute dazu brachte, auch Geldscheine zu spenden.
Geprägt und frustriert durch solche Erlebnisse, ist man kaum in der Lage, einen Spielbericht zu schreiben. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, daß die Kickers durch ein Tor von Domenico Di Rosa in Führung gingen und daß trotz dreier Treffer an den Innenpfosten die Gäste durch Gunnar Frommknechts 18. Tor(!) zum letzten Endes verdienten Ausgleich kamen.
Da die Zukunft der Ersten (Kolinger ist endlich weg) unklar ist, sei hier schon mal vorsorglich die Aufstellung der Zweiten genannt - und sei es nur, damit einem die Namen demnächst nicht mehr ganz so unbekannt vorkommen: Im Tor Takidis; in der Abwehr Zuch, Fossi, Gausa; im Mittelfeld Lukic, Schulz, Abdel-Hag, Kaltsounis, Kagiouzis; im Sturm Di Rosa, Beckham; eingewechselt Sarfo, Wolf, Tajjiou; wieder einmal zu Besuch Giersch und Incesu.
Was bleibt, ist die Erkenntnis und die unverwüstliche Hoffnung, daß es auch in Zukunft genügend Bekloppte geben wird, die diesen Verein am Leben halten werden - in welcher Form auch immer.
"Wer kämpft, kann verlieren.
Wer nicht kämpft, hat schon verloren."
(B. Brecht)
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