VfR Aalen - OFC 0:1Nach dem verheerenden Spiel gegen Schweinfurt war man während der Woche doch sehr skeptisch, was die Erfolgsaussichten der Kickers beim VfR Aalen angeht. Nachdenklich etwa stimmte, was die OP in der Frage "Wollen sie nicht, können sie nicht oder dürfen sie nicht?" so treffend formulierte. Vor allem die letzte Frage ließ einen nicht los: So war die absolut ineffiziente Spielweise gegen Schweinfurt (immer wieder hohe Bälle beim kleinsten Sturm der Liga) nicht nur auf die Spieler zurückzuführen, vielmehr war dies die taktische Vorgabe des Trainers. Die Spieler müssen, solange sie noch nicht richtig spielen können, den Ball immer nur nach vorn schlagen, englisches Kick-and-Rush sozusagen in Vollendung. Bis heute fehlt einem dafür das rechte Verständnis. Diese Skepsis wurde auch nicht besser durch Aussagen Stepis, wonach die Mannschaft noch 4-6 Wochen brauche (wofür, sagte er nicht). Hatte er nicht vor einigen Wochen, als er anfing, von 2-3 Wochen gesprochen? Wollte er sich quasi vorab eine Generalentschuldigung ausstellen? Als dann auch noch Meldungen über Unzufriedenheit der Spieler mit der neuen Taktik publik wurden, sowie eine Grippewelle über die Mannschaft hereinbrach, hatte man schon die schlimmsten Befürchtungen bezüglich des Spiels in Aalen. Und die hatten wirklich als einzige Mannschaft noch kein Spiel verloren...? Aber dann doch ein lichter Moment, morgens beim Frühstück, kurz vor der Abfahrt: Ja, die haben zwar noch nicht verloren, aber andererseits nur genauso viele Spiele gewonnen wie die Kickers (zwei), ansonsten fünf Unentschieden. Und da die Grippewelle laut OP auch überstanden war, faßte man den Vorsatz, heute gewinnen zu wollen... So kam man also in der Kleinstadt Aalen an, suchte das Stadion, fuhr immer tiefer in Wohngebiete und 30-Zonen rein (bloß weil auf einem Schild ein Ball abgebildet war) und landete dann auf einem Parkplatz, wo man endlich Autos mit OF-Kennzeichen sah. Ja, hier mußte man richtig sein, zumal da auch auf einem kleinen Schild "Fußweg zum Waldstadion" zu lesen war. Der Name des Stadions könnte nicht passender sein. Es ging durch den Wald, immer weiter, nix als Wald (der Höchster Stadtpark läßt grüßen), und nach zehn Minuten war das Ziel erreicht. Schnell noch die Karte gekauft, vorbei an einem schwarz (Ordner) - grünen (Polizei) Spalier sehr kritisch dreinschauender Zeitgenossen, und schon stand man in einem kleinen Block direkt hinterm Tor. Kaum angekommen, fing das Spiel an. Die Aufstellung zeigte einige Veränderungen: Ertl im Sturm (nach Grippe keine Kondition für Flügelläufe), Maier von Beginn an, Schindler und Schmidt fehlten. Schnell merkte man, daß man von dem Spiel nicht viel mitbekommen würde: Auf den sechs Stufen des Blocks stand man so niedrig, daß man erst durch Zaun, Ballauffangnetz, Tornetz und Torstangen durchschauen mußte, um zu erkennen, daß die ersten zehn Minuten der Kickers ganz passabel waren. Doch danach zeigten sie deutlicher weniger, was allerdings im Gegensatz zum Stuttgart-Spiel nicht am Gegner lag. Die Aalener waren schlecht, die Kickers nicht gut. So einfach war das, oder wenn man's weniger diplomatisch formuliert (was immer mehr taten): Not gegen Elend. Trotzdem hatte der OFC mehr Spielanteile, und in der Halbzeit kam der Optimismus des Frühstücks wieder: "So wie in Stuttgart, wir gewinnen 1:0". Eine Wurst, ein Bier (das schlechteste alkoholfreie seit Jahren) und 'ne Viertelstunde später wollte man wieder zurück in seinen Block. Aber herrje, die Kickersfans hatten Besuch bekommen: Da standen doch über die gesamte Breite verteilt grüngekleidete Menschen mit Schlagstöcken, ohne daß nur zu erahnen gewesen wäre, warum. War wieder irgendwo ein Bierbecher umgefallen? Und dann noch diese in den Augen der Fans unnötige Provokation. In dem ohnehin kleinen Block standen sie auf der untersten Stufe (welch ein Sinnbild), direkt zu den Fans schauend. Hätten sie sich doch wenigstens außerhalb der Blocks, etwa direkt hinterm Zaun, postiert, wär's nicht ganz so auffällig gewesen. Aber von Ditzingen her kennt man ja noch die einheimische Polizei: Dort war's der Polizist mit Schlagstock vorm Klohäuschen, hier war's eben die Sonderbewachung im Block. Aber ab und zu kriegen Kickersfans auch mal etwas gemeinsam hin: Rechts war ja noch ein Block, in dem schon in der ersten Hälfte einige der vielleicht insgesamt 400 Offenbacher standen. So zog man also rüber, nicht ohne sich zu fragen, wie lange denn die Polizei nun noch im alten Block bliebe. Um's vorwegzunehmen: Sie blieb bis zum Ende und bewachte einen fast menschenleeren Block... Man war noch am Diskutieren, wußte nicht so recht, mit was man anfeuern soll, als plötzlich auf der entfernten Seite des Stadions das Netz zappelte, drei oder vier Kickersspieler die Arme hochstreckten, andere wiederum nix verstanden, der Schiri von seiner Gestik her nicht zu deuten war. Und nach Sekunden war dann klar: Aha, Anstoß, wie?, dann muß ja ein Tor gefallen sein, 1:0 für den OFC! Gesehen hat's keiner, als Torschütze genannt wurde Stefan Simon. Wie in Stuttgart, ebenfalls kurz nach Wiederanpfiff. Wie war doch gleich die Prognose in der Pause...? Das Spiel lief weiter, Aalen und Offenbach weiterhin ohne Chancen, aber die Kickers immerhin mit einer soliden Defensivarbeit der gesamten Mannschaft; einschließlich Kolinger, der phasenweise wieder diese Leidenschaft zeigte, wie man sie von ihm kannte. Einen zur Ecke rollenden Ball, den er noch mit vollem Einsatz ins Seitenaus schoß, ist nur ein Beispiel. Es kam wie immer die Zeit der Auswechslungen, diesmal Schindler (für Dama, spielte auch auf dessen Position) sowie Glöckner auf der rechten Seite. Später kam noch Matze Becker, welcher in einer für ihn so typischen Szene sein ganzes Problem offenbarte: Einen Ball im Flug so wunderbar angenommen, daß er ihm direkt in den Lauf fiel, aber anschließend gegen den Gegenspieler nicht einmal eine kleine Ecke herausgeholt. Was soll man da bloß noch machen? Eigentlich lag da nix mehr in der Luft, und als zehn Minuten vor Ende die Aalener aktiver wurden, naja, was soll's? Aber Schreck laß nach, das wurde ja eine richtige Schlußoffensive, die Kickers standen hinten gut, bekamen den Ball immer wieder heraus, was aber nix brachte: Es rollte schon der nächste Angriff auf das von Thier behütete Tor. Und drei Minuten vor Ende brummelte man zum Erstaunen der Umherstehenden: "Jetzt verläßt mich auch noch mein Optimismus..." Aber drei Minuten müssen doch zu schaffen sein. Und tatsächlich, die drei Minuten gingen vorüber. Was geschah? Der Schiedsrichter streckte drei Finger in die Höhe. Hää, wie bitte, drei Minuten Nachspielzeit, wieso das denn, hat der sie denn noch alle? Es verging die erste, dann die zweite, dann die dritte Minute, jede länger als die andere, immer wieder Torraumszenen, man schrie, bekam Kopfweh sowie dunkle Vorahnungen, und nachdem die drei Minuten vorbei waren, gab's noch eine Ecke für die Aalener. Und noch eine. Oder einen Freistoß. Vierte Minute. Immer weiter. Fünfte Minute. Jetzt hör endlich auf! Ecke. Kopfball. Tor. Ausgleich für Aalen. Skandal. Aber nee, Abseits. Gott sei Dank, wir haben's geschafft. Wie bitte? Weiter? Noch 'ne Ecke. Sechste Minute der Nachspielzeit, im Hintergrund immer näherrückende Sicherheitskräfte. Ecke, Kopfball des Aalener Torwarts, grandios von Thier über's Tor gelenkt. Noch 'ne Ecke. Und dann war Schluß! Muß noch erwähnt werden, daß jegliches Verständnis für diese überlange Nachspielzeit fehlte? Was wäre gewesen, wenn? Wenn der Ausgleich kein Abseits gewesen wäre? Egal, gewonnen, in die Arme gefallen, erst einmal den Sieg genießen. So bleibt zum Schluß nur zu hoffen, daß, anders als nach dem Sieg in Stuttgart, dieser nicht durch eine anschließende Heimniederlage wieder entwertet wird. Und irgendwie ist man diesmal, was das Spiel gegen Wehen angeht, ungleich optimistischer als vor der Partie gegen Schweinfurt. Wenn dieser Optimismus bloß mal die kommende Woche überlebt... |