OFC - FC Bayern München (A) 0:0Als man morgens beim Frühstück die Zeitung aufschlug, mußte man erst einmal suchen, wo etwas über die Kickers und ihr Heimspiel gegen die Amateure des FC Bayern geschrieben stand. Die Offenbach Post hatte es nämlich vorgezogen, mit einem überdimensional großen Vorbericht den Saisonbeginn im American Football, jene aus dem Reich des Kommerzes stammende Showveranstaltung, zu würdigen. Schließlich fündig geworden, konnte man der OP immerhin noch entnehmen, daß der Kader der Kickers durch Verletzungen mittlerweile so arg dezimiert ist, daß auf der Ersatzbank fast ausschließlich Spieler der Zweiten Mannschaft und der A-Jugend sitzen werden. Aber auch die Elf, die zu Beginn auflief, war kaum wieder zu erkennen. So mußte die Abwehr komplett umgestellt werden, neben Libero Fossi spielten Barletta sowie erstmals Brighache Manndecker. Im Mittelfeld waren es Kagiouzis, Corrochano und Alderidgi, die ins kalte Wasser geworfen wurden - und dann noch gegen die Mannschaft mit dem besten Sturm der Liga, gegen die man bereits im Hinspiel vier Gegentore kassiert hatte und die vor einer Woche Fulda mit 9:0 aus der Liga schoß. Insofern war die Einschätzung von Trainer Berndroth, daß nicht der OFC der Favorit sei, durchaus nachvollziehbar. Es war noch keine Minute gespielt, als die in diesen furchtbar aussehenden, weinrot-dunkelblauen Trikots auflaufenden Bayern zu ihrer ersten Chance kamen und Torwart Thier bei einem Schuß aus gut 25 Metern schon sein ganzes Können aufbieten mußte, um nicht frühzeitig in Rückstand zu geraten. Ob dadurch beeindruckt oder nicht, die Kickers ließen es jedenfalls sehr ruhig angehen - was angesichts der Aufstellung auch nicht verwunderte und aufgrund der in den letzten Spielen zu beobachtenden Anfangsnervosität auch zu verstehen war. Den Zuschauern, insbesondere denen im Fanblock, war mittlerweile wohl auch klar geworden, wie die derzeitige Situation des OFC einzuschätzen ist. Statt sich wie sonst üblich über alles und jeden aufzuregen, hielt man sich zurück und nutzte die Gelegenheit, einmal mit seinem Nachbarn zu plaudern. Beispielsweise über jene unsinnigen, ja sogar abstrusen Vorschläge des DFB bezüglich Reformen in der Dritten Liga, nach denen Amateurmannschaften von Profivereinen beliebig viele Profis einsetzen können. Oder man erregte sich gemeinsam über die Absicht, den Vereinen vorzuschreiben, daß in ihrer Anfangself vier Spieler unter 24 zu stehen haben - natürlich nur solche mit deutschem Paß; da fehlen lediglich noch die Attribute "blond" und "blauäugig". Vielleicht sollte man eher über eine Altersgrenze für an zunehmendem Realitätsverlust leidende DFB-Funktionäre nachdenken... Doch nach gut 30 Minuten der inneren Einkehr passierte es: Der Fanblock erwachte und fing ohne ersichtlichen Grund an, Stimmung zu machen. Ja, er war zurück, jener Geist des Bieberer Bergs, den man sich gerade in dieser Saison schon so oft gewünscht hätte. Als nach einer Dreiviertelstunde die erste Hälfte vorbei war, in der außer dem Fernschuß zu Beginn nix, aber auch wirklich gar nix auf dem Rasen passierte, da hatten die paar Pfiffe von den Rängen keine Chance, wahrgenommen zu werden. Vielmehr waren einige Hartgesottene entschlossen, auf ihr Pausenbier zu verzichten und auch in der Halbzeit einfach weiter zu singen. Geradezu grotesk: Während in Darmstadt die Heiner ihre eigene Mannschaft mit den Worten "Ihr seid Scheiße wie der OFC" beschimpfen, hat man in Offenbach inzwischen akzeptiert, daß man trotz verpaßten Aufstiegs sich über seinen Verein freuen darf. Vielleicht auch eine Folge der Personalpolitik, die auf junge Spieler aus der Region setzt, die sich mit ihrem Verein identifizieren können und wollen - auch dann wenn sie entgegen dem Weltbild des DFB keinen deutschen Paß haben, sondern "nur" italienische oder griechische Mitbürger sind. Die zweite Hälfte begann, doch es änderte sich nicht viel. Das Spiel plätscherte vor sich hin, das Ergebnis war sowieso egal, und die Fans machten einfach das Beste aus diesem Abend. Irgendwann fiel ein nicht gegebenes Abseitstor durch Würll, ein Elfmeter für die Kickers wurde nicht gepfiffen, und kurz vor Ende wurde mit Sabanovic ein A-Jugend-Spieler eingewechselt, den wohl nur die allerwenigsten Kickersfans bisher kannten. So trennten sich die beiden Mannschaften vor 4000 Zuschauern torlos 0:0, und trotzdem wollte man nicht unzufrieden sein. Man hatte endlich wieder einen Punkt gewonnen, und an der Freude der Spieler bei der Verabschiedung von den Fans sah man, wieviel Spaß ihnen dieser Abend bereitet hatte - und wer weiß, vielleicht bleibt manch einer gerade wegen solcher Erlebnisse selbst dann bei den Kickers, wenn er für ein paar Euro mehr woanders ein Spiel von der Bank aus verfolgen dürfte. Doch schon während der 90 Minuten beschlich einen das dumpfe Gefühl, die Presse werde das Erlebte wieder einmal verzerrt darstellen. Und tatsächlich, am nächsten Tag sah beispielsweise die Rundschau die Stimmung lediglich in den schlechten Leistungen der Mannschaft begründet. Zwar ist es richtig, daß dies seinen Teil dazu beitrug, daß die Fans sich selbst feierten, aber es kam darin eben auch die Freude über das in dieser Saison Erreichte zum Ausdruck. Warum also dieser negative Unterton? Fußball lebt von Emotionen, und ein Spielbericht darf darauf auch eingehen - mit jener Sachlichkeit, in der über dieses Spiel geschrieben wurde, soll die FR besser vom nächsten SPD-Parteitag berichten, aber nicht vom Bieberer Berg. Noch toller verbog die Offenbach Post die Wirklichkeit. Da war die Rede von der schlechtesten Saisonleistung, die Kickers hätten sich wie ein Absteiger präsentiert - und die Stimmung während des Spiels wurde erst gar nicht erwähnt. Sehr geehrter Herr Batzel von der OP, bei aller Wertschätzung des Rechts auf freie Meinungsäußerung, außerhalb von Kommentaren ist das Weglassen von Nachrichten genauso so schändlich wie die Verbreitung von Unwahrheiten. Mit dieser Art der Berichterstattung kann man vielleicht bei BILD Karriere machen, aber einer seriösen Zeitung ist diese Art des Journalismus unwürdig. Nach Werner Damm vom hr gibt es nun ein zweites Feindbild... |