Sportfreunde Siegen - OFC 2:0Die zwei Spiele seit der Winterpause brachten es mit sich, daß man die ganze Woche über den Gedanken nicht loswurde, die nächsten beiden Begegnungen (heute in Siegen, dann zuhause gegen Regensburg) würden eine Vorentscheidung bringen, ob die Kickers weiterhin die Chance haben werden, um den Aufstieg mitzuspielen. Doch leider waren weder das Spiel in Trier noch die Statistik (drei der letzten vier Auswärtsspiele gingen verloren) dazu angetan, sich mit allzu viel Optimismus auf den Weg ins Siegerland zu machen. Hinzu kam noch ein gewisser Unmut darüber, daß wohl auch auf Vereinsseite die Bereitschaft besteht, das Heimspiel gegen Darmstadt an den hr zu verscherbeln, um damit ein paar Euros einnehmen zu können - um den Preis, sonntags morgens um elf Uhr antreten zu müssen. Schön und gut, die Kickers brauchen Geld, sogar jeden Euro, aber muß man für Geld wirklich alles machen? In Siegen angekommen, galt es wieder einmal, möglichst wenig verkehrsbehindernd außerorts an der Hauptstraße zu parken und den weiten Weg ins Stadion zu Fuß zurückzulegen. Die Tatsache, daß man dieses Jahr sehr weit gehen mußte, war bereits ein frühes Indiz dafür, wieviele Kickersfans mitgefahren waren. Und tatsächlich: Die Auswärtsniederlage vor einer Woche war wohl nicht abschreckend genug, und so hofften gut 800 Rot-Weiße auf eine Leistungssteigerung ihrer Mannschaft. Doch rot-weiß waren wieder einmal die Gastgeber, und wer gedacht hatte, die Kickers würden wie in der letzten Saison in Weiß spielen, sah sich getäuscht: Sie liefen im blau-weißen Finnland-Dress auf, so daß man die ersten Minuten des Spiels damit beschäftigt war, seine Wahrnehmung auf die neue Farbkombination umzuprogrammieren. Ist nicht Blau auch die Farbe des neuen Hauptsponsors EVO? Aber auf das Thema Geld, und was man alles dafür machen darf, wurde ja bereits eingegangen... Die Gastgeber, das war nach einiger Zeit klar, waren ein schwächerer Gegner als Mitkonkurrent Trier, so daß der OFC wesentlich besser ins Spiel fand als vor einer Woche. Leider war bereits Mitte der ersten Halbzeit Schluß mit dem um Wiedergutmachung bemühten Spiel der Kickers, und als nach einer halben Stunde ein Siegener Spieler sich gegen Becht und Torwart Thier durchsetzte und das 0:1 erzielte, schwante manch einem nix Gutes. Zwar gab es auch Optimisten, die prompt ein 2:1 als Endergebnis prognostizierten, doch es sollte nicht lang dauern, um auch diese Vorhersage unerfüllbar werden zu lassen. Nach einem Abwehrfehler von dem mittlerweile wirklich in einem Formtief steckenden Meyer schaffte es sein Gegenspieler, den Ball aus nahezu unmöglichem Winkel zum 0:2 einzuschießen. Es kam die Pause und mit ihr die Ratlosigkeit ob des Gesehenen. Was war da los? Keiner wußte es, und das, was man in Trier noch als positive Entwicklung einschätzte - der neu gewonnene Realitätssinn der Kickersfans - sollte sich als Hindernis für die zweite Hälfte erweisen: Realistisch gesehen war wirklich nicht zu erwarten, daß der OFC hier zu einem Tor kommt, aber warum kann man nicht einfach warten und erst nach dem Spiel realistisch sein? Immerhin gibt es die Möglichkeit eines Eigentors oder eines Elfmeters, und wer kann schon mit Sicherheit ausschließen, daß nach dem Anschlußtreffer nicht doch noch das Spiel kippt? Wer also wollte, hoffte auf dieses Tor. Und hoffte, und hoffte... Die Zeit verging, das Spielniveau war auf beiden Seiten erschreckend schwach (ist die Nordliga eigentlich stärker?), und aus unerklärlichen Gründen fing ein kleinerer Teil des Kickers-Anhangs an zu singen. Und sang, und sang... Doch anders als einst in Bochum, als man 1:6 beim VfL unterging, war dies weniger aus einem Gefühl des Wahnsinns heraus geboren, vielmehr wollte man diesem verlorenen Sonntag, diesem verlorenen Spiel irgendeinen letzten Sinn geben - man vergaß sogar die Hoffnung, daß doch noch ein Tor fallen und alles wieder gut werden könnte. Selbst die himmelschreiende Ungerechtigkeit, daß ein Ball an den Innenpfosten, der in Trier noch die Niederlage bedeutete, nun nicht im Siegener Tor landete, konnte kaum mehr schocken. Traurig stimmte allerdings, daß soviele Kickersfans wie selten vorzeitig das Stadion verließen; andererseits, wenn's die sind, die nur pfeifen und (wieder einmal) Spielern wie Meyer die Schuld an allem geben oder die jemanden wie Langen kritisieren, dessen Potential sie gar nicht erkennen, dann kann man deren Weggang auch verschmerzen. Es blieb bei der 0:2-Niederlage, und nach Spielende war eigentlich klar: Im nächsten Jahr spielen die Kickers gegen Saarbrücken, Elversberg und Borussia Neunkirchen. Doch bereits auf der Rückfahrt drängte sich eine neue quälende Frage der Woche in den Vordergrund: Was, wenn der OFC am Freitag gegen Regensburg gewinnt? Dann, ja dann würde die eingangs gestellte Frage nach der Vorentscheidung, ob man weiterhin eine Aufstiegschance hat, weder mit Ja, noch mit Nein, sondern mit einem Kickers-typischen "Man weiß es noch nicht" beantwortet werden müssen. Und so entstand - zumindest für eine Woche - die Hoffnung, daß die Kickers gegen den Tabellenzweiten gewinnen und es weiterhin spannend bleibt... |