Trier OFC

SVE Trier - OFC 1:0


Nach dem Auftaktsieg gegen Fulda stand nun mit dem Auswärtsspiel in Trier der erste schwere Brocken an, der eine genauere Standortbestimmung der Kickers ermöglichen sollte. Kaum im Moselstadion angekommen, sah man sich zunächst einem Generalverdacht ausgesetzt: Nicht, daß die übliche Leibesvisitation ausgereicht hätte, nein, sogar mittels Metalldetektor wurde man hier untersucht - wobei es ein Rätsel bleiben wird, warum der Pfeifton bei Münzgeld sich anders anhört als bei jenen unerlaubten Dingen, die man auf diese Weise zu finden hoffte. Die weit schwerwiegendere Frage jedoch ist, was man als Fußballfan eigentlich noch alles über sich ergehen lassen muß. Was kommt als nächstes? Paßkontrolle? Fingerabdrücke? Polizeiliches Führungszeugnis?

Wenigstens konnte man kurz darauf zum ersten Mal an diesem Tag positiv gestimmt sein: Etwa 1000 Kickersfans (und damit weit mehr als erwartet) hatten sich auf den Weg gemacht; anscheinend übt das erste Auswärtsspiel nach einer langen Pause eine besondere Anziehungskraft aus (man erinnere sich an Aalen, Mannheim sowie vor eineinhalb schon einmal Trier). Das Stadion selbst machte einen genauso wenig zweitligatauglichen Eindruck wie damals, und selbst die neu errichtete Überdachung der nur wenige Stufen hohen Gegengerade konnte nicht überzeugen. Vielmehr fühlte man sich bei dieser fast schon lächerlichen Konstruktion an den Wehener Halberg erinnert. Schlimmer noch ist's jedoch in der Gästekurve, die aufgrund ihrer flachen Bauweise und der viel zu großen Entfernung zum Spielfeld keinen vernünftigen Blick auf das Geschehen zuläßt.

Bevor jedoch das Spiel angepfiffen werden konnte, trat der Stadionsprecher mit einem perfiden Angriff auf die Ohren der Kickersfans in Erscheinung. Um den eigenen Anhang überhaupt in Schwung zu kriegen, gab er jenes unaussprechbare Wort von sich, auf welches die Trierer Fans mit dem Namen ihrer Heimatstadt zu antworten hatten. Aber oh weh, der Stadionsprecher tat es noch mal, diesmal ausdrücklich lauter, es folgte ein drittes, viertes, fünftes Mal. Eine Qual! Daraufhin wandte er zur Haupttribüne - und das Drama wiederholte sich. Immer lauter werdend brüllte er das Ei-Wort in sein Mikrophon. Ein eindeutiger Verstoß gegen die Menschenrechte!

Dermaßen fertig mit den Nerven begann das Spiel. Zunächst sehr behäbig von beiden Seiten, dann mit immer mehr Spielanteilen für Trier. Dabei hatte doch Trainer Berndroth die Mannschaft im Vergleich zur Vorwoche kaum verändert. Lediglich Zitouni kam nach abgelaufener Rotsperre und wohl aufgrund der größeren Erfahrung für Langen in die Anfangself. Warum er auch dessen Position auf der linken Seite einnahm und nicht wie sonst Manndecker spielte, blieb eine ungeklärte Frage - zumal die Abwehr mit Binz, Fossi und insbesondere Meyer in manchen Szenen deutlich überfordert war. Spätestens klar wurde dies kurz vor dem Halbzeitpfiff, als innerhalb von zwei Minuten (wenn es überhaupt zwei waren) die Gastgeber vier hundertprozentige Torchancen vergaben. Der Schreck saß tief, und in der Pause konnte man der bereits vor dem Spiel mehrfach geäußerten Einschätzung, daß ein Punkt hier vollkommen ausreichen würde, nur noch erleichtert zustimmen.

In der zweiten Hälfte sollte alles noch schlimmer werden: Die Trierer spielten nun auf das den Kickersfans abgewandte Tor, so daß man kaum noch erkennen konnte, wie hochprozentig die jeweilige Torchance gerade war. Man sah nur noch Torwart Thier im Strafraum umherfliegen, konnte Spieler erahnen, die in letzter Sekunde den Ball abwehrten, und mußte tief durchatmen, wenn die Latte des Kickers-Tors getroffen wurde. Zwar kam der OFC nun endlich auch zu einigen guten Szenen, aber im Grunde war es ein ständiges Bangen um den Bestand des torlosen Unentschiedens - wobei die Tatsache, daß man eigentlich nix Genaues erkennen konnte, die Spannung nur noch weiter in unerträgliche Höhen trieb.

Woran lag's? Eine schwer zu beantwortende Frage, aber eine der Ursachen lag sicherlich darin, daß es die Kickers im Mittelfeld nicht schafften, den Ball über mehr als drei Stationen in ihren Reihen zu behalten. Derart in der Luft hängend, konnten auch die Stürmer (Würll sowie Tonello, für den später Schindler eingewechselt wurde) wenig ausrichten. Hinzu kam eine rustikale Spielweise der Gastgeber, unter der insbesondere Naciri und Thier zu leiden hatten, und der die Kickers nichts entgegenzusetzen hatten. Alles in allem war Trier die weit bessere Mannschaft, und der Führungstreffer wäre längst fällig gewesen.

Die Zeit verstrich, es stand immer noch 0:0, und allmählich keimte die Hoffnung auf, mit dem ersehnten Punkt nach Hause fahren zu können. Doch es sollte nicht sein: Wie bereits in der letzten Saison fiel in der Nachspielzeit das Tor für Trier. Damals ein Sonntagsschuß zum Ausgleich, heute ein Ball an den Innenpfosten, der schließlich im Tor landete und damit die 0:1-Niederlage der Kickers besiegelte.

Erstaunlicherweise war die Reaktion des OFC-Anhangs nach Spielende keineswegs negativ (wie schon so oft nach vergleichbaren Spielen), vielmehr wurde die Mannschaft freundlich und in Erwartung besserer Spiele verabschiedet. Ist das der neue Realitätssinn am Bieberer Berg? Vielleicht war es ja von Vorteil, nicht auf einem Aufstiegsplatz überwintert zu haben; wer weiß, welche Erwartungen sonst über Weihnachten aufgekommen wären.

So blieb von diesem Spiel nur noch eine lange Rückfahrt über die Höhen des Hunsrücks übrig, während der man immer wieder von der Erinnerung an diesen furchterrenden Stadionsprecher und sein dahin gebrülltes Ei-Wort heimgesucht wurde. Bitte, bitte, nie mehr nach Trier...!

Photos: Moselstadion


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