Stuttgarter Kickers OFC

Stuttgarter Kickers - OFC 1:0


Es ist wieder einmal die Zeit der täglichen Wasserstandsmeldungen. Nicht nur, daß Main, Neckar und Donau über die Ufer treten, sondern auch die mittlerweile angelaufenen Vertragsverhandlungen beim OFC liefern ständig Anlaß für neue Nachrichten: Wer bleibt, wer geht? Wer will eigentlich bleiben und möchte dennoch gehen? Wer will nur in der Zweiten Liga spielen, wer will wo wieviel verdienen? Es wird sicher noch einige Zeit spannend bleiben, doch sollte bereits jetzt klar sein, daß man der Vereinsführung keine Vorwürfe machen kann, wenn sie es nicht schafft, bestimmte Spieler zu halten. Kein Spieler ist unersetzbar; wer bleibt, bleibt - wer geht, geht. So einfach ist das.

Das heutige Spiel bei den Namensvettern in Stuttgart bot die Möglichkeit, im Kampf um einen der beiden Austiegsplätze weiter an Boden zu gewinnen. Entsprechend fand diese Begegnung ähnlich starken Zuspruch von Seiten der Kickersfans wie die beiden verloren gegangenen Spiele in Trier und Siegen. Doch leider ist auch dieser Spielbericht wieder einmal ein Polizei- und Ordnerbericht. So wurden bereits vor Anpfiff von Kickersfans schwerste Verbrechen begangen, so daß nichts anderes übrig als einen gerade dem Kindesalter entwachsenen Jugendlichen wegen "unerlaubten Besteigens des Stadionzauns" abzuführen - und ihn vom Spiel auszuschließen. Die Polizei war auf alles vorbereitet, und so konnte dank modernster Technik (es lebe die handliche Digitalkamera) jedes erregte Streitgespräch mit Ordnern gerichtsverwertbar festgehalten werden.

Immerhin spielten die (Offenbacher) Kickers wieder in ihren traditionellen Farben, und zu Beginn sah das, was sie boten, gar nicht so schlecht aus. Es erinnerte ein wenig an das Pokalspiel drei Tage zuvor beim SV Wehen, als der OFC im Laufe der Partie immer besser wurde und am Ende verdient gewann. Doch alsbald nahm das Spiel einen Verlauf wie in Siegen: Erst ein Lattentreffer der Schwaben zur Mitte der Halbzeit, der für gehörig Unruhe bei den rot-weißen Fans sorgte, dann die 1:0-Führung der Gastgeber nach einer guten halben Stunde. Manch einer sah einen Torwartfehler von Thier, doch wenn man bedenkt, welche Leistungen er in dieser Saison bereits gezeigt hat, dann sollte es eigentlich egal sein, ob der Treffer seine Schuld war oder nicht - es ist schlichtweg egal.

Hinzu kommt, daß Thier sowie etliche andere Spieler (Würll, Dworschak, Zitouni, Becht) angeschlagen ins Spiel gingen oder erst gar nicht aufliefen (Tonello). Dies soll keine Generalentschuldigung sein für alles, aber zumindest eine Erklärung dafür, warum es nicht immer so läuft, wie von Seiten des Anhangs gewünscht. Doch die Aussicht auf jene beiden Spiele im nächsten Jahr entartet teilweise in eine regelrechte Derby-Hysterie, die nun wirklich eher kontraproduktiv ist, als daß sie etwas nützt.

Es kam die Pause, und im Gegensatz zu Siegen konnte man eine gewisse Hoffnung daraus beziehen, daß erstens erst ein Tor gefallen zwar und daß zweitens der OFC sich nach dem Rückstand wieder mehr um ein erfolgsorientiertes Spiel bemühte. Doch war dies nicht die allgemeine Stimmungslage, und irgendwie war bereits zu diesem Zeitpunkt viel Wut in den Kommentaren festzustellen. Oder ärgerte man sich vielleicht nur, daß die Bratwurst 2,50 Euro (und damit für den, der immer noch umrechnet, fünf Mark) kostete?

Zu Beginn der zweiten Hälfte wurde ein weiterer Block für die OFC-Fans geöffnet, um deren Drang nach genügend großem Abstand zu ihrem Nachbarn nachzukommen. So ähnlich muß es beim Hammelsprung im Bundestag zugehen: Die einen dahin (Hoffnung), die anderen dorthin (keine Hoffnung). Während sich zunächst diese Einteilung bewahrheitete - die Geflohenen genossen ihre Ruhe und übten für das nächste Golfturnier - sollte die negative Stimmung, durch die bereits erwähnte Derby-Hysterie zusätzlich verstärkt, bald den gesamten Kickers-Anhang erfassen. Schnell wurde die Mannschaft als Absteiger beschimpft, Trainer Berndroth war ein Hosenscheißer und Dario Fossi einfach nur ein Arschloch (wahlweise könnte man auch jeden der zehn anderen Spieler nennen). Zwar waren es nicht viele, die derart die Stimmung prägten, aber es reichte, um bei einem Großteil der Fans eine negative Haltung gegenüber der Mannschaft hervorzurufen. Man sollte sich allerdings schon die Mühe machen zu differenzieren: Spieler wie Langen, Fossi oder der eingewechselte Kagiouzis können einfach nicht mehr, andere gingen angeschlagen ins Spiel, und lediglich einige wenige müssen sich härtere Kritik gefallen lassen. So blieb es unverständlich, warum Libero Binz sich nicht mehr in die Offensive einschaltete und stattdesen umständlich versuchte, den Ball in der eigenen Abwehr zu halten. Doch so genau wollte es eigentlich keiner wissen...

Was bleibt, ist eine ordentliche Portion Frust darüber, wie sich bei den Kickersfans die Erwartungshaltung im Hinblick auf das mögliche Derby auswirkt. Nein, wenn der Preis hierfür sein sollte, daß man diese Mannschaft nur noch an dem Erreichen dieses einen Ziels bewertet, wenn man jedwede Dankbarkeit für das, was sie geleistet hat (und auch überhaupt leisten kann), vermissen läßt, dann sollte das Derby der Traum bleiben, der es ist.

Ist auf der Orion noch ein Platz frei?



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