OFC Unterhaching

OFC - Spvgg. Unterhaching 2:3


Ein Heimspiel gegen Unterhaching, zumal während der Woche - was soll da schon Schlimmes passieren? So dachte wohl auch die Polizei und versetzte den Beobachter in ungläubiges Staunen: Ganze sieben grün-weiße Wagen wurden auf dem Parkplatz vorm Stadion gezählt, sowenige wie seit dem Pokalspiel gegen Braunfels nicht mehr...

Unerwarteterweise waren doch etliche Unterhachinger Anhänger angereist, beachtlich bei der weiten Entfernung. Aber es scheint so, als ob der kurzzeitige Aufenthalt in der höchsten Liga einen harten Kern treuer Fans entstehen ließ, der sich nicht einmal von den Tiefen des Amateurfußballs abschrecken läßt. Und freundlich waren sie obendrein auch noch... An ihnen lag es, daß kurz vor Spielbeginn halb Offenbach in grüblerisches Nachdenken geriet: Die Blau-Roten hielten ein Transparent hoch mit den Worten "Jetzt haben wir verstanden". Was war das, was könnte das bedeuten? Irgendetwas Tiefenpsychologisches? Oder ein neues Wahlkampfmotto der bayerischen CSU? Geschickt in ihrer Inszenierung entrollten die Münchner kurz darauf ein zweites Transparent, und auf einmal war es jedem klar. Eine abgrundtiefe Abneigung gilt jenem Verein, unter dessen Bevorzugung durch den DFB auch die Kickers seit Jahrzehnten leiden. Denn erst durch die Lizenzerteilung für die Unaussprechbaren mußte Unterhaching nach langem Kampf den bitteren Gang in die Dritte Liga antreten. Soviel Sympathie hätte fast für eine Fanfreundschaft gereicht...

Kaum hatte das Spiel begonnen, wurde deutlich, wer hier spielerisch überlegen war: Es waren die Gäste, die wahrlich das Potential zu einer Spitzenmannschaft haben und gegen die der OFC kein Gegenmittel außer seinem Kampfeswillen hatte. Außerdem spielte mit Djappa wieder einer jener Akteure, der es schon immer verstand, den Kickers in die Suppe zu spucken, und den man getrost in die Kategorie "Angstgegner" einordnen kann (man denke zurück an Ottiji, das war auch so einer). Und eben jener Djappa war es dann, der nach einer guten Viertelstunde auch die Vorarbeit zum 0:1 der Unterhachinger lieferte. Der Gegner wirkte einfach abgeklärter, ließ den Ball geduldig in seinen Reihen laufen, so daß der OFC (mit Kagiouzis für den verletzten Falk) bis zur 40. Minute warten mußte, um die erste dicke Chance zu bekommen. Doch da der von dem unsicher wirkenden Schlußmann der Gäste unterlaufene Ball nicht den Weg ins Tor fand, ging es mit dem Rückstand in die Pause.

Zwar war in der Presse von einem "gellenden Pfeifkonzert" (Rundschau) zu lesen, doch dies kann sich allenfalls auf die notorisch nur ergebnisorientierte Haupttribüne beziehen. Ansonsten war die Stimmung eines Abendspiels unter Flutlicht absolut würdig und eine konsequente Fortsetzung der Euphorie des Pokalspiels. Was macht da schon ein Tor Rückstand aus? Der Ausgleich kann immer noch fallen, und mit einem Punkt gegen diese Spitzenmannschaft wären die meisten auch zufrieden gewesen - selbst wenn damit der erste Heimsieg erneut vertagt worden wäre.

Erwähnenswert ist sicherlich noch, daß aufgrund eines technischen Defekts nur ein Notbetrieb der Stadionunterhaltung möglich war - also gab es keinen grün angestrichenen OBI-Bieber, keine Sponsorenwerbung und auch keine Gewinnspiele in der Pause. Die vielfachen Entschuldigungen des Stadionsprechers nahm man erfreut zur Kenntnis, und man fragte sich, wieviele der Zuschauer wohl wegen des Gewinnspiels ins Stadion kommen und wieviele wegen des Fußballs. Aus England stammt der Spruch: "Football is made for you and me, not for the fucking industry." Dem ist nichts hinzuzufügen...

Es begann die zweite Hälfte, und der OFC kam immer besser ins Spiel, auch getragen durch die (offiziell) 5000 Zuschauer. Trainer Berndroth hatte bereits zur Pause zweimal ausgewechselt, für Kagiouzis und den enttäuschenden Saridogan kamen Müller und Knappmann. Doch zur Mitte der Halbzeit schien alles vorbei: Nach einem klaren Fehler von Torwart Thier, der von einem Fernschuß aus gut 20 Metern überrascht wurde, stand es 0:2. Wieder so ein Gegentor wie gegen Karlsruhe, das für die Moral einer Mannschaft absolut tödlich sein kann. Nicht so heute, Fans und Spieler wollten nicht aufgeben, und bereits nach zwei Minuten war dieses saublöde Gegentor egalisiert, 1:2-Anschlußtreffer, Torschütze Petry. Wie es gefallen war, kann nicht mehr rekonstruiert werden, es ging alles in der Hektik des Spiels und im Streß unter.

Einen entscheidenden Beitrag hierzu lieferte ein gewisser Herr Steinborn aus Sinzig, seines Zeichens Schiedsrichter aus der Geld- und Aktienliga, der mit nicht mehr nachvollziehbaren Entscheidungen die Wut der Zuschauer auf sich zog. Egal, ob es die nachsichtige Toleranz mit dem ganz langsam vom Feld trottenden Djappa war, oder zwei nicht gegebene Gelbe Karten nach brutalen Attacken der Gäste (die, und das macht's nur noch schlimmer, lediglich als normale Fouls geahndet wurden), oder die vielen, vielen Ungereimtheiten, die in ihrer Summe noch am meisten Zweifel an der Kompetenz des Unparteiischen hervorriefen. Sicher, es waren keine spielentscheidenden Fehler, auch durfte Zitouni in einer Szene von Glück reden, daß eine schon so gut wie gezogene Gelb-Rote Karte dann doch nicht gezeigt wurde, aber ab einem gewissen Zeitpunkt wollte man nicht mehr objektiv sein. Die Jugend erklimmte, kräftig durch die älteren Semester angefeuert, die Stadionzäune, was mag da Steinborn wohl gedacht haben?

Es wurde immer hektischer, die Agressionen der Kickersfans gegenüber dem Schiedsrichter übertrugen sich im positiven Sinne auf den Einsatzwillen der Mannschaft, jeder kämpfte für jeden und um jeden Ball, es gab Chancen zuhauf, und der Lohn aller Bemühungen war der Ausgleich durch Knappmann, kurz vor Ende der Partie. Nur noch ein paar Minuten galt es zu überstehen, doch es sollte nicht sein: Die eiskalten Unterhachinger spielten die Hintermannschaft des OFC aus und trafen zur erneuten Führung. Das war zuviel des Guten, ein Kickersfan aus dem Bereich der Orion-Tribüne stürmte den Platz, wollte wem auch immer eine aufs Maul hauen und mußte von mehreren Polizisten erst eingefangen und dann abgeführt werden. Wer hatte da vor dem Spiel noch gedacht, endlich seien die Grünen vernünftig geworden und würden dem Gegner entsprechend auf die Anwesenheit ganzer Hundertschaften verzichten?

Die letzten beiden Minuten gingen ohne Tor vorüber, zum zweiten Mal in dieser Saison hat der OFC zuhause 2:3 verloren, und nach dem Schlußpfiff bekam der Mann aus Sinzig trotz bereitgestellten Sonnenschirms immer noch genügend gefüllte Bierbecher ab, um sich an dieses Spiel noch länger erinnern zu können. Gefeiert wurde natürlich trotzdem - wer so mit wehenden Fahnen untergeht, darf einfach nicht ausgepfiffen werden.

Und die Zukunft? Nachdem die ersten Emotionen abgeklungen waren, wurde man wieder analytischer. Spielen die Kickers nun gegen den Abstieg oder nicht? Ein nicht zu lösendes Dauerthema, da läge doch ein Kompromiß nahe: Selbst wenn's gegen den Abstieg gehen sollte, mit dieser Mannschaft werden sie nicht absteigen. Daß dies zwei vollkommen unterschiedliche Dinge sind, dafür war dieses Spiel der beste Beweis...



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