Burghausen OFC

SV Wacker Burghausen - OFC 3:0


Wieder einmal Burghausen, wieder diese weite Fahrt in den äußersten Südosten Deutschlands! Nachdem in den bisherigen Spielen ein, drei und fünf Gegentore fielen, war man sicher, daß wenigstens diese Serie reißen würde; aber ob es beim vierten Anlauf auch zu einem richtigen Erfolgsererlebnis reichen würde?

Vieles war wie in den Jahren zuvor: Vor dem Spiel besichtigte man die längste Burg Europas, auf der anderen Seite der Salzach, da, wo bereits Österreich liegt, grüßte eine rot-weiße Fahne, und bei allerbestem Wetter konnte man in der Burghausener Altstadt draußen sitzen und sein Weißbier trinken. Man las die Lokalzeitung und wunderte sich, wie sehr man sich dort darüber aufregte, daß der Hessische Rundfunk den SV Wacker in einer Krise sah, und daß man dies zum Anlaß nahm, nun noch motivierter in das Spitzenspiel Erster gegen Dritter zu gehen.

Dabei hätte es zusätzlicher Motivation gar nicht bedurft, schließlich waren die Kickers ein ausreichend würdiger Gegner, um gegen sie die neu gebaute Haupttribüne einzuweihen. Und tatsächlich, dieses Bauwerk mit seinen knapp 3200 Sitzplätzen hatte nichts mehr gemein mit jenem schlichten Sportplatz, wie man ihn noch im Vorjahr erlebt, oder besser gesagt erlitten hatte. Lediglich der Gästeblock ist etwas zu klein geraten: Zwar reichten die 250 Stehplätze ziemlich genau für die mitgereisten Kickersfans, aber was ist, wenn nächstes Jahr in der Zweiten Liga Nürnberg hier spielen sollte? Gibt's dann wieder eine provisorische Tribüne hinterm Tor wie anno 1998 gegen den OFC?

Nachdem zur Stadioneinweihung endlich alle Dank- und Lobesreden gehalten waren, konnte das Spiel beginnen. Die Kickers liefen mit der gleichen Elf wie gegen Wehen auf, nix anderes war erwartet worden. Von Anfang an herrschte eine eigenwillige Stimmung im Kickersblock, die im wesentlichen dadurch geprägt war, daß einige, die mit dem Bus angereist waren, auf der langen Fahrt ein paar Bier zuviel getrunken hatten. Es war keine Stimmung, die dazu angetan war, die Mannschaft anzufeuern, vielmehr trifft die Beschreibung "Unsinn" noch am besten auf das zu, was von Seiten des OFC-Anhangs zu vernehmen war.

Doch nach einer Viertelstunde erledigte sich dies von selbst: Nach einem Burghauser Angriff, bei dem die Kickers-Abwehr ausgespielt wurde und einfach nur schlecht aussah, stand es 1:0 für die Gastgeber. Kann passieren, zumal gegen den Tabellenersten, der spielerisch viel weiter entwickelt ist als der OFC; außerdem war ja noch lange genug zu spielen.

Aber irgendwie war an diesem Tag nix los. Weder war es das erwartete (oder herbeigeredete?) Spitzenspiel, noch kam unter den 6500 Zuschauern Stimmung auf. Auf Burghauser Seite fühlte man sich eher auf einem U21-Länderspiel, bei dem der DFB in Kindergärten und Schulen massenhaft Freikarten verteilt hatte, und die Kickersfans litten neben den bereits erwähnten Problemen auch darunter, daß sie zwei Stunden lang in die tiefstehende Sonne blicken mußten - was auch ohne übermäßigen Alkoholkonsum über kurz oder lang zu Kopfweh führen mußte. Als dann auch noch die NPD-Fraktion durch rechtsradikale Lieder und durch Aggressionen gegenüber anderen Kickersfans auffiel, war eigentlich alles gelaufen.

Das endgültige Aus gab's in der 35. Minute, als der Schiedsrichter ein zutiefst irreguläres Tor anerkannte, bei dem Thier im Fünfmeterraum vom Burghauser Torschützen allzu hart angegangen wurde. Der Offenbacher Torwart rannte wie von der Tarantel gestochen auf den Unparteiischen los, konnte nur schwer von seinen Mitspielern gebändigt werden und durfte letzten Endes noch froh sein, nur mit Gelb verwarnt worden zu sein - nicht weil, man als Fan etwas gegen Emotionen im Spiel hätte, sondern weil man weiß, wie kleinlich mittlerweile diesbezüglich die Vorgaben des DFB sind. Keine zwei Minuten später dann die Fortsetzung der Privatfehde: Nachdem ein Angriff der Gastgeber abgepfiffen war, schlug Thier eine halbe Sekunde zu spät noch den Ball weg. Ähnlich wie bei Dworschak in München hätte ein Schiedsrichter mit Fingerspitzengefühl darauf verzichtet, eine Karte zu zeigen, aber daß der Pfeifenmann sich diese Gelegenheit nicht entgehen ließ, war eigenlich jedem klar - außer Thier, dem man aufgrund seiner Erfahrung eine gewisse Teilschuld nicht abstreiten kann.

Derart geschwächt (für den eingewechselten Keffel mußte Barletta das Feld verlassen) ging es mit 0:2 in die Pause. Und nur wenn man wirklich zwanghaft optimistisch sein wollte, konnte man feststellen, daß die Kickers ja noch nicht mit 0:3 hinten lagen. Wenn also irgendwie der Anschlußtreffer gelingen sollte, könnte man auch wieder an ein Unentschieden denken...

Doch kaum war wieder angepfiffen, gab's auf der gegenüberliegenden Stadionseite nach einem Foul von Zitouni Elfmeter für Burghausen, 0:3, das war's dann aber wirklich. Anders als im Vorjahr, als die Kickers noch mit 0:5 untergingen, wehrten sie sich heute erfolgreich gegen weitere Tore. Ein auf jeden Fall positives Zeichen, das auch für den Charakter dieser Mannschaft und jedes Einzelnen spricht! Insofern ist diese Niederlage bei einer solch spielstarken Mannschaft wie Burghausen, die durch ihre Stadioneinweihung noch zusätzlich motiviert war, ein durchaus hinnehmbarer Betriebsunfall auf dem Weg, zur Winterpause immer noch im oberen Tabellendrittel zu stehen.

So blieb auf der wieder einmal viel zu langen Heimfahrt nur die Frage zu klären, ob man noch einmal hierher kommen möchte. So schön, wie Burghausen, seine Burg und vor allem seine Altstadt sind, so sehr frustrieren aber auch die Ergebnisse der Kickers: Null Punkte und 1:12 Tore sind einfach zu hart. Aber wenn's so kommen sollte, dann wird man im nächsten Jahr auch ein fünftes Mal hierher fahren, wetten...?

Photos: Stadion Liebigstraße


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