OFC Bayern München

OFC - FC Bayern München (A) 1:0


Nichts deutete im Vorfeld der Partie gegen die Bayern-Amateure darauf hin, daß etwas Ungewöhnliches an diesem Freitagabend zu erwarten wäre. Doch erst einmal im Stadion angekommen, bemerkte man recht schnell, daß dies kein normales Spiel sein werde. Aus Verärgerung und Protest gegen die aus Fan-Sicht überzogenen Bewährungsauflagen wurde per Flugblatt zu einem Boykott aufgerufen: Block 2, das Herz des Bieberer Bergs, sollte menschenleer bleiben - und blieb es auch. Durchaus erstaunlich, daß die sonst so uneinheitlich auftretende Kickers-Gemeinde eine solche Aktion zu einem Erfolg werden ließ; da störte auch das Dutzend Streikbrecher nicht, die auf ihr Recht, sich nix vorschreiben zu lassen, nicht verzichten konnten oder wollten.

OFC: Fans auf BewEhrung

Stattdessen wurden im Fanblock die mittlerweile verbotenen Zaunfahnen aufgehängt, und auf einem weit hin sichtbaren Transparent war die Botschaft des Abends zu lesen: "Fans auf BewEhrung" - wobei das Wortspiel signalisieren sollte, daß man sich nicht alles gefallen lassen will, sondern vielmehr gewillt ist, sich zur Wehr zu setzen. Doch seien hier auch Zweifel angebracht: Zwar wurde der Boykott in der veröffentlichten Meinung nicht totgeschwiegen, so daß endlich auch einmal die Sicht der Betroffenen zum Ausdruck kam, dennoch sollte man sich nicht der Illusion hingeben, daß dies bei den Verantworlichen von Verband, Ordnungsamt und Polizei auch nur zu einem Millimeter Bewegung in ihrer Haltung führt; dort wird man über diese Aktion nur lachen und den etwaigen Erfolg der Bewährungsauflagen nicht auf die Einsichtigkeit und Friedfertigkeit der Kickersfans zurückführen, sondern nur und ausschließlich auf die konsequente Einhaltung der eigenen harten Linie. Insofern dürfte die Aktion im Fanblock ähnlich effizient sein, wie wenn man sich in der Toilette einschließt und dort eine einstündige Grundsatzrede gegen den Irak-Krieg hält.

Und wo, wenn nicht im Fanblock, standen die Kickersfans? Der größte Teil zog es in der ersten Halbzeit vor, im Bereich unterhalb der Orion-Tribüne das Spiel zu verfolgen. Keine wirkliche Alternative, man sieht kaum etwas, aber vielleicht wird man im Jahre 2012 (Olympia?) jedesmal hier stehen - weil es dann die einzig verbliebenen Stehplätze im Stadion sein werden.

Fußball wurde natürlich auch gespielt, der OFC (nach abgelaufener Sperre wieder mit Zitouni) nahm von Beginn an das Heft in die Hand. Doch die Parallelen zur Vorwoche waren unübersehbar: Wieder lief das Spiel nur bis zu Strafraumgrenze des Gegners, danach war Schluß. So wagte man bereits nach zehn Minuten die erste Prognose, nach der es auch nach 80 Minuten noch torlos 0:0 stehen werde - und über das, was danach kommen sollte, wollte man lieber erst nachdenken, wenn's soweit ist. Doch der allzu frühe Pessimismus war nicht angebracht, das Spiel der Kickers wurde besser, sogar Torchancen gab es, und obwohl es mit 0:0 in die Pause ging, war die Chance, daß neunzig Minuten für das eine entscheidende Tor reichen, weit größer als in Kaiserslautern. Nicht zuletzt das klare Eckballverhältnis (12:3 für den OFC, davon acht in der ersten Hälfte) zeigte, wer Herr im Hause war.

Nachdem die Stimmung doch sehr unter den Widrigkeiten des Umzugs gelitten hatte, entschloß man sich zur Pause, in Block 1 (Ecke Senfkurve) umzuziehen, also dorthin, wo man das entscheidende Tor aus aller nächster Nähe sehen werde - und wie von Geisterhand geführt war man mit dieser Idee nicht allein, vielmehr kam fast jeder irgendwie selbst darauf. So zogen Horten von Fans vom einen Ende des Stadions ans andere, und nach Wiederanpfiff hatte man fast schon wieder die gewohnte Stimmung aus Block 2. Und plötzlich brannten an die hundert Bengalos - oder zumindest das, was man als solche definierte: Von außen betrachtet waren es tatsächlich nur handelsübliche, legal zu erwerbende und zu benutzende Feuerzeuge, aber von ihrer Bedeutung her waren sie vielleicht ein weit besserer Ausdruck des Protestes als der Boykott des eigenen Fanblocks. Das hatte irgendwie den Charme eines Grünen-Parteitags, und so viel Ironie und Phantasie hätte man den Kickersfans eigentlich nicht zugetraut - höchstens denen von St. Pauli.

Es kam die 72. Minute. Acht Minuten vor Ablauf der zu Beginn gestellten Prognose geschah es: Tor für den OFC durch Petry, 1:0 - ja, heute wird es klappen. Heute wird es keine Gelb-Rote Karte wie gegen Regensburg geben, kein Eigentor wird den Erfolg der Kickers verhindern, und für einen 1:4-Absturz wie im letzten Jahr in München wird die Zeit nicht reichen. Ohnehin waren die Bayern-Amateure bei weitem nicht so stark wie befürchtet, vielmehr könnte bald die Hoffnung aufkeimen, daß am Saisonende alle drei Amateurteams am Tabellenende stehen werden - der Liga kann's nur gut tun.

Die Kickers schafften es tatsächlich, das Spiel ohne Probleme zu Ende zu bringen, der erste Heimsieg der Saison konnte gefeiert werden. Ob der Knoten allerdings nun wirklich geplatzt ist, darüber kann man freilich nur spekulieren. Aber vielleicht gibt's ja nächste Woche auf dem Wehener Halberg eine deutlichere Antwort auf diese Frage...



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