SV Darmstadt 98 - OFC 0:1Nachdem die deprimierende 0:1-Heimniederlage gegen den SV Elversberg aufgrund der anderen Ergebnisse noch relativ glimpfliche Auswirkungen hatte, galt es nun, zur zuletzt gewohnten Auswärtsstärke zurückzufinden. Zwar hieß der Gegner SV Darmstadt 98, gegen den man im Hinspiel eine noch viel deprimierendere Niederlage einstecken mußte, aber wenigstens war die damals geäußerte Befürchtung, man könnte am drittletzten Spieltag in Darmstadt endgültig absteigen, nicht mehr gegeben. Wer hätte damals gedacht, daß die Kickers sogar auf einem Nichtabstiegsplatz stehen und somit aus eigener Kraft den Klassenerhalt schaffen können? Somit konnte man sich der Frage widmen, wie man denn zum Ort des Geschehens anreist. Mit dem Auto (wobei man nie weiß, wo nach dem Spiel die Steine fliegen werden) oder mit der Bahn? Da man mittlerweile ein Alter erreicht hat, in dem man es nicht mehr notwendig hat, sich bei der Ankunft am Bahnhof von der Polizei alles vorschreiben zu lassen ("Nein, Sie dürfen jetzt nicht auf die Toilette", "Ja, in diesen Bus gehen noch zehn Personen rein"), fiel die Entscheidung zugunsten des Individualverkehrs. Bewaffnet mit einem Stadtplan begab man sich auf die Suche nach einem lauschigen Plätzchen und fand ihn in der Nähe der Hochschule - wie sich nach dem Spiel herausstellen sollte, ist's aber anscheinend egal, wo man in Stadionnähe parkt, verkehrs- und sicherheitstechnische Probleme gab's auch hier. Die Anreise mit dem Pkw hatte den Vorteil, daß man sehr früh im Stadion ankam und sich das Vorspiel der E-Jugendmannschaften anschauen konnte. Zwar wurden keine Wehener Verhältnisse erreicht, aber wen wundert's? Es gibt wohl nicht viele Stadien, bei denen die Gegengerade keine Gerade, sondern ein Bogen ist, wie soll da überhaupt Stimmung aufkommen? Immerhin waren die Ordnungskräfte so "vernünftig", für die OFC-Fans nur einen Block und nicht die gesamte Kurve freizugeben; so stand man schön dicht beisammen, was einer guten Stimmung keineswegs abträglich sein soll... Aber irgendwie blieb es vor Spielbeginn erstaunlich ruhig, das Stadion füllte sich nur langsam, und so konnte man sich seine Gedanken über die Sicherheitslage machen. Gut, daß die Kickersfans von hinten ins Stadion geführt wurden, weniger gut, daß nach polizeilicher Anordnung Fahnen keine Daseinsberechtigung hatten, seltsam, daß es auf Einwegbecher Pfand gab, provozierend, daß auf den Eintrittskarten der Slogan "Wir retten die Lilien" stand, nicht nachvollziehbar, daß es bei solch einem Spiel im Stadion richtiges Bier und Apfelwein zu kaufen gab. Alsbald sickerte auch der Grund für die doch schwache Präsenz der Kickersfans durch: Es war die Verspätung eines Regionalzugs, die dazu führte, daß man die S-Bahn verpaßte und somit eine halbe Stunde später als geplant in Darmstadt ankam. Die armen Kerle, wie froh mußte man jetzt sein, seine Entscheidung anders getroffen zu haben! Also wartete man auf die obligatorische Durchsage, daß das Spiel 'ne Viertelstunde später beginnen werde - vergebens. Anscheinend wollte die Polizei nach dem Schlußpfiff ihr FdH("Fang-den-Hooligan")-Spiel noch bei Tageslicht durchführen, von daher galt es, den Zeitplan penibel einzuhalten. Das Spiel begann. Und wieder einmal hatte die OP mit ihrer taktischen Aufstellung daneben gelegen: Stohn spielte immer noch Libero, Schindler hinter den Spitzen, für den verletzten Ertl kam Lars Meyer in die Mannschaft, und vollkommen unerwartet spielte nicht Becker, sondern Brendel im Sturm. Die Kickers fanden schnell die richtige Mischung aus Selbstbewußtsein und Absicherung, so daß nicht die Gefahr bestand, wie vor zwei Wochen in Karlsruhe ins offene Messer zu laufen. Nach zehn Minuten kamen endlich die Bahnfahrer an, und nach kleineren Scharmützeln wurde Augenzeugenberichten zufolge darauf verzichtet, jedem eine Karte zu verkaufen. So kamen selbst halbvolle Bierdosen in Stadion... In der ersten Hälfte passierte nicht viel, Stohn zeigte seine bisher beste Partie als Vertreter des gesperrten Binz, Schindler fand sich auf der Ertl-Position bestens zurecht, und Oberliga-Meyer tat das, was er kann: Raus mit dem Ball. Kurzum: Man konnte zufrieden sein, Kritik wäre fehl am Platze. Mit diesem torlosen Unentschieden ging's in die Pause, in der man sich weitgehend einig war, das man mit diesem Ergebnis auch am Ende sehr gut leben könnte. Nur noch 45 Minuten... Bereits zu Beginn der zweiten Halbzeit wechselte Berndroth aus: Für Maier kam Glöckner ins Spiel - vielleicht, weil dieser noch einen Verein sucht und von daher etwas zeigen muß? Er machte seine Sache gut, und im Vergleich zum in letzter Zeit nur mäßig spielenden Maier war er eine gute Alternative. Aber wen sollte man auch einwechseln? Nach den Verletzungen wichtiger Spieler saß auf der Bank kaum noch jemand, der über Spielpraxis verfügte. Langsam fand das Spiel seinen Derbycharakter, es wurde richtig spannend, und plötzlich kam der Ball zu Würll, der, bedrängt durch einen Darmstädter, in Richtung Tor lief. Gerade in dem Moment, als man zur Kenntnis nehmen wollte, daß die Chance wohl vorbei ist, kam er noch zum Schuß - und der Ball flog ins Tor, 1:0 für den OFC, unglaublich. Freudentänze beim gesamten Kickersanhang (etwa 3000 von insgesamt 12000 Zuschauern, OP: 2500/9000), aber es war noch über eine halbe Stunde zu spielen. Spätestens als ein Heiner kurze Zeit später das Kunststück fertig brachte, zwei Meter vorm Tor zwei Meter übers Tor zu schießen, wurde einem klar, daß die Lilien dieses Spiel keineswegs nur als theoretisch letzte Chance zum Aufstieg in die Zweite Liga betrachteten. Es wurde nun auf beiden Seiten verbissen gekämpft, die Kickersabwehr behielt wie in Siegen stets die Ruhe, und als eine Viertelstunde vor Ende ein Darmstädter nach einem Foul des Feldes verwießen wurde, konnte die Hoffnung keimen, hier nicht nur einen, sondern gar drei Punkte zu holen. Schließlich stürmte noch Ex-OFC-Keeper Clauß mit, aber auch die einminütige Nachspielzeit sollte unversehrt überstanden werden. So geschah's, 1:0 gewonnen, Revanche für's Hinspiel geglückt sowie (und dies war viel, viel wichtiger) endlich wieder einen großen Schritt in Richtung Klassenerhalt unternommen. So bleiben noch zwei Spiele (Burhausen, Regensburg), um diese vermaledeite Saison zu einem glücklichen Abschluß zu bringen, verbunden mit der Hoffnung, daß all dieser Streß einem nicht schöne Jahre des Lebens raubt... |