Hoffenheim OFC

TSG Hoffenheim - OFC 3:0


Nach der Niederlage gegen Erfurt war es endgültig klar: Das erste Mal seit Jahren haben die Kickers und ihre Fans mehrere Spiele in Folge vor sich, in denen es um nichts mehr geht. So entspannt wollte vor einem Jahr jeder die Saison erleben... Somit war die Partie bei der TSG Hoffenheim nicht viel mehr als ein vorgezogener Sonntagsausflug in Verbindung mit dem Besuch eines bis dato unbekannten Stadions.

Irgendwie seltsam ist das schon: Da spielen die Kickers bei einem Verein, der wahrscheinlich vor noch nicht allzu langer Zeit Geld bezahlt hätte, wenn der OFC zum Freundschaftsspiel angetreten wäre - und nun spielen sie dank kontinuierlicher Aufbauarbeit in der gleichen Liga. Doch anders als die Brittas und Leo Kirchs dieser Welt gibt es in dem Sinsheimer Stadtteil wohl noch echtes Mäzenatentum. Ein gewisser Dietmar Hopp, mittlerweise auch Namensgeber des Stadions, spielte als kleiner Junge selbst bei diesem Verein, und als er später groß, berühmt und vor allem reich wurde, erinnerte er sich seiner Herkunft und tat etwas Gutes. Selbst wenn man der Macht des Geldes kritisch gegenübersteht, sollte man in seinem Urteil dennoch den Unterschied zu den aus reinem Eigennutz aufgeblasenen Vereinen wie Wehen berücksichtigen.

Das Stadion selbst liegt auf einer Anhöhe, und wenn man bedenkt, daß dort mehr Zuschauer Platz finden, als Hoffenheim Einwohner hat, dann kann man sich vorstellen, daß es besser ist, als Gästefan erst gar nicht zu versuchen, in Stadionnähe einen Parkplatz zu finden. So parkte man in einer Seitenstraße, und auf dem Weg zum Stadion beschlich einen ein Déjà-vu-Erlebnis: Ist das nicht...? Ja, das ist wie am Kaiserlauterer Betzenberg, wo man ebenfalls erst einen Berg zu Fuß zu bewältigen hat, um dann bereits völlig ermüdet oben anzukommen.

Während sonst eher die Frage im Vordergrund steht, ob man gut den Weg zu einem Stadion gefunden hat, war in Hoffenheim viel spannender, ob man gut reingekommen ist. Schließlich wurde so gut wie alles kontrolliert, egal ob Hustenbonbons, Photoapparat oder Reservefilm; wie gut, daß wenigstens der Film nicht noch gegen's Licht gehalten wurde. Doch noch mehr ärgern durften sich diejenigen, die von Ordnern aufgefordert wurden, ihren Personalausweis vorzuzeigen - die moderne Form der Rasterfahndung?

Das Spiel begann mit zweiminütiger Verspätung. Nicht etwa weil noch einige der etwa 300 Kickersnasen am Eingang nach ihrem Ausweis suchten, sondern weil von den Hoffenheimer Ordnern schlichtweg vergessen wurde, am Tor von Cesar Thier das Netz in der Aufhängung zu befestigen. Ein Kuriosum, und das zwei Meter vor den eigenen Augen!

Trainer Berndroth hatte die Mannschaft auf drei Positionen verändert. Für Speth, Langen und Meyer spielten Naciri, Corrochano sowie Fossi. Es dauerte nicht lang, bis man bemerkte, daß auch dieses Spiel nicht mit Regensburg oder Wehen (Pokal) zu vergleichen war, sondern eher den Auswärtsleistungen der letzten Wochen, wenn nicht sogar Monate entsprach. Nach einer halben Stunde konnte man auf der entfernten Seite des Spielfelds zum ersten Mal eine Kickers-Chance erahnen, während man die genauso harmlosen Angriffsbemühungen der Gastgeber in aller Genauigkeit verfolgen konnte - trotz blickdichten Zauns und in Augenhöhe zusammengerollten Ballauffangnetzes. Wieso müssen Stadien (man denke zurück an Aalen) so zuschauerunfreundlich sein?

Es kam die Pause und mit ihr der Eindruck, daß es sich bei dem Gesehenen eigentlich um ein typisches 0:0-Spiel handelt. Doch nicht diese Frage sollte die Pause dominieren, vielmehr rätselte man über profanere Dinge: Welchen Zweck hat im Klohäuschen (Modell Wehen) ein Seifenspender, wenn keine Waschgelegenheit vorhanden ist? Oder ist in diesem Universalreinigungsmittel auch schon gleich das Wasser enthalten? Oh Wunder der Technik!

Noch 45 Minuten, so dachte man, würden noch vergehen, und dann wäre ein Punkt auswärts geholt. Nicht daß man damit wirklich zufrieden gewesen wäre, aber angesichts der Negativserie muß man derzeit kleinere Brötchen backen; außerdem ist das Saisonziel ja schon erreicht. Doch ehe man sich versehen hatte, stand es 0:2. Zwei Tore für Hoffenheim innerhalb weniger Minuten, der Anfang vom Ende. Oder? Vielleicht auch nicht, denn auf einmal wurde der OFC stärker, kam immer öfters und immer gefährlicher vor's Tor und hatte sogar durch Würll/Tonello sowie Barletta zwei richtige gute Chancen. Ein Spielbericht aus Hoffenheimer Sicht würde wohl vermerken, man habe den Gegner durch eigene Nachlässigkeit erst stark gemacht. Zwar läßt sich auch die zweite Hälfte nicht schönreden, dennoch war die Richtung klar. Warum man allerdings erst einen Rückstand benötigte, ist eine jener Fragen, die sich Fußballfans in solchen Situationen wohl schon seit Urzeiten stellen und auf die man heute in aller Ruhe nur antworten konnte: Die Erkenntnisfähigkeit des Menschen ist endlich.

Um das Leid abzuschließen, fiel statt des 2:2 dann kurz vor Ende noch das 3:0 für Hoffenheim. Wieder nix auswärts bewegt, ach herrje, warum nur? Immerhin blieben anders als in Stuttgart die Äußerungen der Fans moderat - selbst wenn man nur den Kopf darüber schütteln konnte, daß manche lieber das B-Team hier spielen sehen wollten, aber selbst nie zur Zweiten gehen und vermutlich gar nicht wissen, in welch schwieriger Situation sich diese Mannschaft derzeit sportlich befindet.

Positiv hingegen war, daß die Kickersspieler zu den mitgereisten Fans kamen, und in dem ehrlichen und vor allem aufmunternden Beifall einiger schimmerte endlich jene Dankbarkeit für die bisherige Saison durch, die in den letzten Wochen so sehr vermißt wurde. So schnell ist der Geist vom Bieberer Berg also doch nicht totzukriegen!



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