Ansbach OFC

Spvgg. Ansbach - OFC 3:1


Als man am Morgen des letzten Spieltags die Zeitung aufschlug, entdeckte man am Rand die Meldung, daß Reutlingen in der DSF-Liga nun doch auf den letzten Drücker die Lizenz erhalten habe. Nach dem üblichen Reflex, daß dies nie und nimmer möglich gewesen wäre, wenn es sich um Kickers Offenbach gehandelt hätte, sickerte allmählich ein anderer Aspekt durch: Im nächsten Jahr heißt es für den OFC also nicht Reutlinger Kreuzeiche, sondern Unterhachinger Sportpark. Unterhachingen? Das ist doch jener Verein, zu dem Kickers-Torjäger Würll wechselt - oder wechseln wollte. Will er dies auch in der jetzigen Situation noch? Oder war er gescheit genug, sich eine entsprechende Klausel in den Vertrag aufnehmen zu lassen? Bedeutet dies, daß er vielleicht doch noch in Offenbach bleiben wird? Doch egal, wen der etwa 200 nach Ansbach mitgereisten Kickersfans man fragte, keiner konnte mehr dazu sagen, als das, was in der Zeitung zu lesen war.

Aber wenigstens konnte ein anderes Problem recht schnell geklärt werden. In der Stadionzeitung der Spvgg. Ansbach war die aktuelle Tabelle abgedruckt - und in der waren die Kickers mit 49 Punkten Fünfter. Hatte man etwa eine Woche zuvor gegen Burghausen doch gewonnen und dies bloß nicht bemerkt? Nein, nein, so bestätigte jeder, die Erinnerung war schon korrekt, der Fehler lag eindeutig auf Seiten der Zeitungsmacher...

Etwas weiteres fiel in dem nach Wehen wohl zweitkleinsten Stadion der Liga auf: Überall hingen Transparente mit der Aufschrift "Kult statt Kohle". Da war man sprachlos! Das mit der Kohle glaubt man ja gern, aber das mit dem Kult? Dennoch will man mal nicht zu hochnäsig sein, wer weiß, vielleicht ist die Spielvereinigung im Landkreis Ansbach wirklich so etwas wie ein Kult - aus der Ferne läßt sich so etwas ja nur schlecht beurteilen. Oder kam hier sogar der Neid eines Kickersfans zum Vorschein, weil dieses doch eigentlich so gut zu Offenbach passende Motto nun schon vergeben ist?

Auch die Trikots der Kickers sorgten wieder einmal für Fragen. Nicht nur, daß Saridogan im überklebten Becht-Trikot auflief, nach Finnland war nun Schweden an der Reihe: Blau-Gelb statt geliebtem Rot-Weiß, und das, obwohl der Gegner in Grün spielte. Irgendwann hatte irgendjemand die Erklärung gefunden: Nach dem Spiel werden die Spieler ihre Trikots in die Menge werfen, und da dürfen natürlich nicht die neuesten weggegeben werden, sondern bestenfalls die aus dem letzten Jahr. Ja, wessen Trikot will man denn nun haben? Kagiouzis, der schon vor Rundenbeginn im Freundschaftsspiel gegen Schalke auf sich aufmerksam gemacht hatte? Oder Fossi, der nun endgültig einen gewissen Binz (will der wirklich nach Wehen?) hinter sich ließ? Oder noch besser Brighache, dessen Entwicklung in den letzten Wochen nur noch ungläubiges Staunen hervorrief? Eine wirklich schwierige Wahl!

Irgendwann fiel das 0:1, irgendwann war Halbzeitpause, irgendwann nach Wiederanpfiff stand es 0:2. Was vor wenigen Wochen, etwa in Stuttgart, zu heftigsten Reaktionen seitens der Fans geführt hatte, war heute so gut wie egal. Nein, es waren weder Emotionslosigkeit noch Desinteresse, es war einfach nur der Luxus, sich einmal ein Spiel ohne Aufregung anschauen zu dürfen. Wohl jeder dachte an diesem Tag ein Jahr zurück, als man in Regensburg gegen die Walluf-Gefahr kämpfen mußte... Bei allerbestem Sommerwetter war man entspannt, genoß die Sonne oder legte sich gleich auf die Wiese und war mit sich, der Umwelt und vor allem den Kickers zufrieden. Egal, was heute geboten werden würde.

Eigentlich ging es für die Mittelfranken ja auch um mehr als für den OFC: Ansbach wollte sich von seinen Fans mit einer guten Leistung aus der Dritten Liga verabschieden, während die Kickers darauf bedacht waren, sich im Hinblick auf das Hessenpokal-Finale keiner allzu großen Verletzungsgefahr auszusetzen. Was sonst nach bitterbößem Sarkasmus klingen würde, war an diesem Tag allgemeiner Konsens; selbst das Totschlagargument "Ich bin aber 200 km hierher gefahren" war nirgends zu hören. Hauptsache, man gewinnt gegen Neukirchen und zieht in die erste Runde des DFB-Pokals ein.

Doch auch der OFC konnte sich noch in die Torstatistik eintragen. Einen Freistoß versenkte Dworschak direkt im Netz, und da man nach dem Seitenwechsel in Richtung der Kickersfans spielte, konnte man fast den Eindruck haben, nun wäre ein Ruck durch Mannschaft und Anhänger gegangen. Und tatsächlich, ein 2:2 lag im Bereich des Möglichen, damit wäre man erst recht zufrieden gewesen. Doch leider fiel irgendwann das 1:3, die Niederlage war besiegelt - egal. Zu einem Höhepunkt ganz persönlicher Art verhalf Trainer Berndroth einem Spieler der Zweiten Mannschaft: Eine Viertelstunde (und nicht etwa erst zwei Minuten) vor Ende wechselte er Alexander Stenzel ein, und das obwohl dieser bereits während der Woche gegen Oberissigheim und Oberursel gespielt hatte. Hochachtung vor diesem Trainer, der es immer wieder im richtigen Moment versteht, neue Spieler in die Mannschaft zu bringen!

Nach dem Spiel wurden sogar für die Kickersfans die Tore zum Spielfeld geöffnet, man ignorierte den Stadionsprecher, wonach man aus Angst vor Übergriffen auf die Ansbacher Zivilbevölkerung nur vor dem Gästeblock mit der Mannschaft feiern durfte, und als man schließlich wieder daran dachte, da war es bereits zu spät: Wieder kein Trikot bekommen, weder Kagiouzis, noch Fossi, noch Brighache...

Auf in die nächste Saison - aber nicht vergessen, vorher noch den Hessenpokal mitzunehmen!



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