| Film | Regisseur |
Kino | Note | Kommentar |
Januar |
Inglourious Basterds (OmU) |
Quentin Tarantino |
Traumstern |
7 |
Ohne die Gewalt (selbst wenn diese teilweise schon absurde Züge trug) hätte es ein richtig guter Film werden können, aus der Handlung wäre viel mehr herauszuholen gewesen - beispielsweise die Liebesgeschichte einer Kinobesitzerin mit geheimgehaltener Vergangenheit im besetzten Paris. Oops, war ich bisher nicht notorischer Verächter sentimentaler Filmkunst aus Frankreich...? |
Nord |
Rune Denstad Langlo |
Passage |
9 |
Eine Reise quer durchs Land, durch die Generationen, durch die Skurrilitäten und Zufälligkeiten des Lebens, 890 Kilometer. Ein "antidepressives Off-Road-Movie"? Ja, richtig, Dank sei Lotte, Ulrik und Ailo sowie der wiedergefundenen Freude auf einem Weg, dessen Ziel im Ungewissen liegt. |
Bonnie und Clyde (OmU) |
Arthur Penn |
Cinema Quadrat |
7 |
Kennt die Filmwissenschaft eigentlich auch den homme fatal? - Oder: Dann doch lieber in Freiheit als frei leben. Mitleid? Muß man nicht haben, hatte man bei der RAF ja auch nicht. |
A Serious Man |
Joel Coen, Ethan Coen |
Traumstern |
9 |
Auf einmal ist das Leben voller Pech und Unglücke, und man weiß nicht warum. Da hilft dann auch kein noch so alter Rabbi, keine noch so skurrile Geschichte von einem Goi, keine noch so kafkaeske Anwaltskanzlei, und vom allmächtigen HaSchem gibt es ebenfalls keine Antwort. Und vielleicht lag's ja an der Anfangsszene mit dem Dibbuk (die man zunächst für den Vorfilm hielt), daß es am Ende im Abspann hieß: No Jews were harmed in the making of this motion picture. Das sollte mal jemand in Deutschland wagen zu schreiben... Letzte Frage: Gibt es tatsächlich Tornados in Minnesota? |
Night on Earth (OmU) |
Jim Jarmusch |
Cinema Quadrat |
10 |
Das Leben ist vielfältig: Mal wie ein Traum (den man auch nicht gegen die Realität eintauschen möchte), mal eher lustig, hin und wieder bunt (selbst wenn man die Farben nicht sieht), manchmal sündhaft, leider gelegentlich auch schicksalsbeladen. Aber immer lebenswert. Thanks! Merci! Grazie! Kiitos! |
Februar |
Looking for Eric |
Ken Loach |
Valentin |
3 |
Endloses Fußball- und Erinnerungsgelaber sowie pseudophilosophische Lebensweisheiten, darüber eine Sozialromantik-Soße samt Revolution des Unterschichtenproletariats, schließlich ein an Kitsch kaum noch zu überbietendes Ende. Nee, das hätte mir nicht mal in meiner Zeit als aktiver Fußballfan gefallen! |
My Secret Sky (OmeU) |
Madoda Ncayiyana |
Caligari |
9 |
Gleich zwei für einen Europäer unbekannte Welten, konsequent aus den Augen von Kindern gesehen, ohne dabei jemals kitschig, lächerlich oder, vergleiche oben, romantisierend zu wirken. "Sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und euer himmlischer Vater nährt sie doch." (Mt 6,26) |
Metropolis |
Fritz Lang |
Alte Oper
M: Staatsorchester Braunschweig
D: Helmut Imig |
10 |
Freundschaft, Liebe, Solidarität, Verführung, Verrat, Rache, Wahnsinn, Unterdrückung, Revolution, Zerstörung, Erkenntnis, Versöhnung, Erlösung, Hoffnung. Fehlt noch was? Und wann kommt Metropolis als Oper auf die Bühne? |
Nokan - Die Kunst des Ausklangs |
Yôjirô Takita |
Caligari |
10 |
Die Kunst des Ausklangs, die Kunst, Dinge zu akzeptieren, wie sie sind, die Kunst, Freude am und im Leben zu haben.
Die Kunst des Kinos, Menschen dazu zu bringen, sich nach einem Film zu umarmen, oder sie spüren zu lassen, daß auch andere allein vor sich hinschluchzen. O sink hernieder, Nacht der Liebe!
Die Kunst, eine Antwort auf die Frage zu finden: Was haben mir die Spuren im Schnee, die Vergänglichkeit des Schneemanns, das Licht der Laterne und der Weg aus dem Park zu sagen?
|
Vom Winde verweht |
Victor Fleming |
9 |
Wahrscheinlich der Inbegriff des filmischen Melodrams, dazu eine Lehrstunde über die Geschichte Amerikas im vorletzten Jahrhundert - selbst wenn diese aus hiesiger Sicht allzu südstaatenfreundlich ausfiel. Und wie es sich für ein Werk solch epischer Länge gehört, bleibt man auch kurz vor halb eins noch sitzen, bis die Tonspur zu Ende gelaufen ist. |
Der Mann von der Insel Man |
Alfred Hitchcock |
7 |
Nach Metropolis und Gone with the Wind hätte es wahrscheinlich jeder melodramatische Stummfilm schwer gehabt. Immerhin weiß man jetzt, wo die Isle of Man liegt, daß deren Einwohner Manx heißen und die Richter dort Deemster genannt werden. |
Dead Man |
Jim Jarmusch |
9 |
Wie befremdend es doch war, diesen Film zum ersten Mal in der synchronisierten Fassung ohne Untertitel zu sehen zu hören, bei der man das Gesprochene direkt versteht und dieses nicht mehr Teil der akustischen Gesamtwahrnehmung ist. Hat man eventuell deswegen die vielen kleinen visuellen Andeutungen, Referenzen und Symbole bemerkt? Wird man beim fünften Mal vielleicht das Augenmerk auf diese so seltsame Freundschaft zwischen Wiliam Blake und Nobody richten? |
Spione |
Fritz Lang |
Murnau Filmtheater |
7 |
Selbst wenn man daran verzweifelte, daß man bei einem Agentenfilm wieder einmal nur die Hälfte verstanden hat, so bleibt doch das Erlebnis, ein neues, wunderbares Filmtheater entdeckt zu haben. |
März |
Das weiße Band |
Michael Haneke |
Valentin |
8 |
Ja, Herr Vater: Autoritäre Erziehung zu unbedingtem Gehorsam am Vorabend des Ersten Weltkriegs - und eine Generation vor der Deutschen Katastrophe. |
April |
Mephisto |
István Szabó |
Caligari |
8 |
Was zunächst nach einem nur schwer verdaulichen Kunstfilm aussah, war bald eine sehenswerte Unerträglichkeit der Verführung durch den Nationalsozialismus: Freiheit - wozu? |
Vasha (OmU) |
Hannu Salonen |
Caligari, goEast |
9 |
In a perfect world, there's no pain: Weil es das eine nicht gibt, kann es auch das andere nicht geben. Und dennoch kann man in den verregnetesten Bildern die Schönheit Estlands (wieder)erkennen, in den dunkelsten Seelen das Fundament einer tiefen Freundschaft finden und den unbekanntesten Menschen mit Blumen eine Freude schenken. |
Auf der Straße (OmU) |
Levan Koguashvili |
7 |
Dem Kommentar zum allerersten goEast-Film aus Georgien ist selbst vier Jahre später kaum noch etwas hinzuzufügen: "Man schämt sich, daß es uns hier so beschissen gut geht." Es bleibt also nur die Hoffnung, daß es auch dort eines Tages Wege aus der Traurigkeit, der Armut und den krassen sozialen Gegensätzen geben wird. |
How I Ended This Summer (OmU) |
Alexei Popogrebski |
8 |
Zum Trocknen in der salzigen Luft aufgehängter Fisch, weit und breit keine Bäume sowie überall Meer. Klingt nach Färöer? War aber Tschukotka, der östlichste Zipfel Sibiriens - einschließlich radioaktiv strahlender Atombatterie, einem Eisbären und viel Einsamkeit anstelle von nur Alleinsein. |
Weiberradio (OmeU) |
Elke Sasse |
Bellevue-Saal, goEast |
9 |
Selbst wenn das Landleben keineswegs idyllisch, sondern hart und beschwerlich ist, beneidet man doch irgendwie die Menschen von Babske Radio um ihr einfaches Zufriedensein. |
Die alte Schule des Kapitalismus (OmeU) |
Zelimir Zilnik |
alpha, goEast |
6 |
Und was hilft nun den Menschen, sich vor der Ausbeutung durch den Kapitalismus zu schützen? Produktionsmittel in Arbeiterhand? Daran glauben ja nicht einmal mehr die Werktätigen - und selbst die Internationale im Abspann kann darüber nicht hinwegtäuschen. |
Osadné (OmeU) |
Marko Skop |
8 |
Nach sechs Filmen in fünf Tagen endete die diesjährige goEast-Reise durch Osteuropa im slowakischen Osadné, wo in der Dorfkneipe sogar die Europafahne hängt: Freude, schöner Götterfunken. |
Juli |
Der Mann ohne Vergangenheit (OmU) |
Aki Kaurismäki |
Weißfrauenkirche, Frankfurt |
10 |
Selbst in einem in einer Streichholzschachtel aufbewahrten Teebeutel kann die Freude am Leben, die Hoffnung, letzten Endes die Würde eines jeden einzelnen zum Ausdruck kommen. Mein Lieblingsfilm an ungewöhnlichem Ort: in der Weißfrauenkirche inmitten der Straßenschluchten des Frankfurter Bahnhofsviertels. |
2001: Odyssee im Weltraum |
Stanley Kubrick |
OAK Marburg |
10 |
Selbst wenn die 2008er Inszenierung nicht mehr zu überbieten sein wird, war die diesjährige Odyssee so kurzweilig wie noch nie - ein gutes Zeichen! Der Kinokatze gefiel's auch, die Currywurst war handgeschnippelt, der große Regen kam erst auf der Heimfahrt, und von einer Reifenpanne blieb man diesmal zum Glück verschont. |
August |
Pi |
Darren Aronofsky |
OAK Hafen2 |
8 |
Die Suche nach einer Zahl, nach einem Muster, nach Gott - im Hafen2, einem Ort, wo das häßliche Entlein Offenbach vielleicht am schönsten, aber zumindest am großstädtischsten ist. Einschließlich startender Flugzeuge, einem illuminierten Hafenkran und Chill-out Musik als Sundowner. |
Oktober |
Wasp (OmU) |
Andrea Arnold |
Passage |
8 |
Der mit 25 Minuten ungewohnt lange Vorfilm kam nicht nur im breitwandigeren Kinoformat daher, sondern bot auch die intensivere Milieustudie der englischen Hartz IV-Gesellschaft - selbst wenn die schauspielerische Leistung der Hauptdarstellerin von Fish Tank natürlich beeindruckend war. Aber muß man wirklich Sex mit einer 15jährigen zeigen? |
Fish Tank |
7 |
Tulpan (OmU) |
Sergey Dvortsevoy |
Caligari |
9 |
Leben in der kasachischen Steppe: Schafe, Sandstürme, Jurten und viele schrullige, liebenswerte Menschen! Und wann kann man schon einmal bei der Geburt eines Lamms mitfiebern? |
Space Tourists (OmU) |
Christian Frei |
Passage |
9 |
... und Träume dürfen wahr werden: Großartige Dokumentation, wie man sie wohl nur im Kino zu sehen bekommt - und der zweite Film aus oder über Kasachstan innerhalb einer Woche. Wenn das Land nur nicht so weit weg wäre! |
Der Golem, wie er in die Welt kam |
Paul Wegener |
Caligari |
7 |
Die Geister, die ich rief: Der Golem, wie er in die Welt kam - oder: warum die Welt durch kindliche Unschuld gerettet wurde. |
Mary und Max |
Adam Elliot |
Valentin |
10 |
Für Mary aus Australien. Für meine Brieffreunde. Für alle Postcrosser.
Für Max in New York. Für mich. |
Dezember |
Ein Mann von Welt |
Hans Petter Moland |
Traumstern |
8 |
Polnisches Fernsehen, ölige Fischbuletten und Schmusen auf Befehl: Norwegen. Skurril. Aber diesmal anders skurril. Und endlich wieder Kino! |
Mary und Max |
Adam Elliot |
KoKi Weiterstadt |
10 |
Nach 8 Wochen und 2 Tagen zurück bei Mary. You are my best friend. You are my only friend. |
Still Walking |
Hirokazu Koreeda |
Traumstern |
8 |
Vergessene Sumo-Ringer, japanische Grabsteine, unbekannte Tatami - sowie gelbe Schmetterlinge. Und nach 24 Stunden Besuch in Japan ging's mit Ful und Zebhi Zigni kulinarisch nach Afrika: Jahresabschluß in Lich. |