Kino: Tagebuch 2011



 FilmRegisseur KinoNoteKommentar
Januar Ein gutes Herz Dagur Kári Traumstern 7 Neujahrsbesuch in New York: Über den Umgang mit Gästen in einer Kneipe, eine Gans namens Estragon und eine alles in Verwirrung stürzende Frau, die ein wenig an den Vampir in So finster die Nacht erinnerte.
Raskolnikow Robert Wiene Caligari 5 Zugegeben, es ist ziemlich schwer, einen Film zu bewerten, bei dem die Wintermüdigkeit einem die Augen zufallen ließ, aber es ist davon auszugehen, daß dieser Film meinen Geschmack eher nicht trifft - so wenig, wie mich die 750 Seiten starke Vorlage Schuld und Sühne von Dostojewski ansprechen würde.
Eigentlich schade.
Von Menschen und Göttern Xavier Beauvois Passage 9 Gehen oder Bleiben? Den Sinn des Lebens verlieren oder dem Tod ins Auge sehen? Sich retten oder jenen helfen, die der Hilfe bedürfen? Urteilt nicht pauschal über jene Länder, denn es reichen wenige, um den Frieden zwischen den Religionen zu zerstören.
Februar Das Cabinet des Dr. Caligari Robert Wiene Caligari 9 Zum vierten Mal: Dr. Caligari und die Frage, wann man diesen Klassiker wirklich verstanden haben wird. Diesmal übrigens auf ungewohntem Platz in der vorletzten Reihe im fast (oder ganz) ausverkauften Caligari - der Erfolg sei ihm gegönnt.
Maos letzter Tänzer Bruce Beresford KoKi Weiterstadt 9 China vor 40 Jahren zu Zeiten Maos, als allein die Partei wußte, was gut für die Menschen ist. Wie ist es heute?
Ansonsten weckte der Film erneut das Interesse am Tanztheater, selbst wenn man sich beim klassischen Ballett die Frage stellen muß, ob es den Preis einer verlorenen Jugend wert sein darf - nicht nur in China.
März True Grit Joel Coen, Ethan Coen Passage 8 Ein Western von den Coen-Brüdern kann natürlich kein richtiger Western sein: Die Rache kam in der Unschuld eines 14jährigen Mädchen daher, und die beiden für die Ausführung bestimmten Revolverhelden hätten auch aus Jim Jarmuschs Dead Man stammen können...
Ein Rätsel bleibt, warum man ein Seil um seinen Schlafplatz legt, wenn man in der freien Natur übernachtet. Soll das wirklich gegen Schlangen helfen?
Im Schatten des Mondes David Sington Caligari 8 Egal, ob nun erster Mensch auf dem Mond oder nur Zweiter, egal, ob allein zurückgelassen im Mutterschiff oder erst bei einer späteren Mission beteiligt, für diese Astronauten zählt, da oben dabei gewesen zu sein. Ein Dokumentarfilm mit ausschließlich Originalaufnahmen, der auf jedwede neumodische Computeranimation verzichtet - großartig! Und was ich bisher nicht wußte: Es gab beim Wettlauf im All keinen einzigen Kosmonauten auf dem Mond.
Trainspotting (OmU) Danny Boyle 9 Man hat solche Gedanken im Kino ja nicht oft, aber angesichts des großartigen Soundtracks (den ich als einen von wenigen als CD habe) hätte die Musik von Iggy Pop, Blur und New Order gerne auch lauter sein können!
April Der Heizer (OmU) Alexey Balabanov goEast, Caligari 9 Ein nicht zuletzt wegen der sich endlos wiederholenden Gute-Laune-Musik verstörend wirkender Film über die in Armut und Vergessenheit lebenden sowjetischen Kriegsveteranen, während sich im heutigen Rußland jene als Helden betrachten, die am skrupellosesten Reichtum anhäufen. Auch wenn das traurige Ende trotz allen Hoffens nicht vermeidbar war, so lebt doch wenigstens die Geschichte des Heizers weiter. Hoffentlich.
Kinder des Grünen Drachen (OmU) Bence Miklauzic 8 Eine heiter-melancholische ungarisch-chinesische Geschichte, an deren Ende zwar immer noch niemand sich glücklich nennen kann, aber doch jeder auf seine Weise zufriedener war.
Sibirien. Momanour (OmU) Slava Ross 9 Welch düster-trauriges Drama aus der sibirischen Taiga! Selbst wenn es nur Geschöpfe der Natur sind, an diesem Abend mußte man Wölfe hassen. Soviel Natur-, aber auch Menschengewalt, und dennoch ist trotz allen Übels manchmal noch Platz für Menschlichkeit, Wiedersehensfreude und (vielleicht) Hoffnung auf ein besseres, neues Leben in der Zukunft.
Die Schneekönigin (OmeU) Marko Raat alpha, goEast 7 So recht warm konnte man mit diesem Film, der bei -20 Grad Celsius gedreht wurde, nicht werden. Ich hätte früher mehr Märchen lesen solle, dann würde ich vielleicht jetzt auch H. C. Andersens Schneekönigin kennen - und mich nicht so sehr mit der Frage beschäftigen, wo denn die Außenaufnahmen gemacht wurden: So hohe Berge gibt's doch in Estland gar nicht...
Amnestie (OmU) Bujar Alimani goEast, Caligari 8 goEast zu Besuch auf dem Balkan: Zunächst in Albanien, wo am Ende die Blutrache nicht nur zwei Leben zerstörte, sondern auch die Hoffnung des Zuschauers auf ein besseres Leben in der nahen Zukunft...
Morgen (OmU) Marian Crişan 8 ... dann an der rumänisch-ungarischen Grenze, dort, wo die EU noch nicht ganz EU ist und wo neben manchen Menschen auch zu große Karpfen und Straßenmarkierungsfahrzeuge mit der falschen Farbe unerwünscht sind. Es gibt noch viel zu tun in Europa!
Oktober Le Havre (OmU) Aki Kaurismäki Filmforum 9 Ein echter Kaurismäki, mit seinen Farben, seiner Musik, seinen Menschen. Mit dem Hafen, der Kneipe, dem Hund. Aber auch anders: Französisch statt Finnisch, poetisch statt melancholisch. Und ein Märchen: Da darf das Gute gewinnen, dürfen Wunder geschehen, darf am Ende auch ein Kirschbaum blühen.
Wolken ziehen vorüber (OmU) 10 So finnisch, so melancholisch, so traurig, daß die Tränen beim letzten Tango fließen durften. Aber für Kaurismäkis tragische Verlierer des Lebens gibt es am Ende immer ein Fünkchen Hoffnung - und hier ist der Funke gar so groß, daß daraus ein richtiges Feuer werden könnte. Kauas pilvet karkaavat, niin minäkin.
Der Mann ohne Vergangenheit (OmU) 10 Neben Kati Outinen war es beim sechsten Mal die Musik, die für die große Melancholie sorgte. Wie gut, daß ich die CD zu meinem Lieblingsfilm habe! Vielleicht wäre es auch an der Zeit, sich die Aki Kaurismäki DVD-Kollektion zu kaufen, dann müßte ich nicht wieder Monate oder Jahre bis zur nächsten Wiederholung im Kino warten, sondern könnte mir die finnischen Originalversionen so lange anschauen, bis ich die deutschen Untertitel nicht mehr benötige...


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